Kleine Blätterkunde
Blätter sind die augenscheinlichsten Darsteller des Herbstes. Während sie unsere Welt bunt färben, ehe sie sanft zu Boden fallen, gibt’s hier Antwort auf die Frage: Welches Blatt gehört zu welchem Baum? Blätter bestimmen leicht gemacht - mit Bildern.
Ahorn
Botanischer Name: Acer platanoides (Spitzahorn)
Familie: Seifenbaumgewächse (Sapindaceae)
Herkunft/ Verbreitung: Europa bis Westasien
Baum: Der Spitzahorn wird etwa 20 bis 30 m hoch und erreicht diese Größe rasch. Er wächst bevorzugt im Halbschatten in Eichenmischwäldern und kann bis zu 200 Jahre alt werden. Kinder lieben seine Früchte, weil sich aus den geflügelten Nüsschen herrliche Nasenzwicker formen lassen. Die Blüten erscheinen vor dem Blattaustrieb, sind getrenntgeschlechtlich und zählen zu den ersten im Frühling. Für Bienen sind sie nach dem Winter eine wichtige Nahrungsquelle. Der Spitzahorn ist genügsam, wächst auf eher sauren Böden und eignet sich gut als Stadt- und Alleebaum.
Blätter: Die mit bis zu 15 cm recht großen, handförmig gelappten Blätter erinnern an das Laub der Platanen. Der lange, dünne Stiel enthält Milchsaft. Im Herbst verfärben sich die Blätter leuchtend hell- bis goldgelb.
Garten: Es gibt zahlreiche verwandte Arten für den Garten, die bizarres Laub und eine wunderschöne Blattfärbung aufweisen.
Fächerahorn (Acer palmatum): stammt aus China, geschlitzte, im Herbst gelbe, orange bis leuchtend rote Blätter.
Gold-Eschenahorn (Acer negundo Odessanum): gefiederte, das ganze Jahr über goldgelbe Blätter.
Rot-Ahorn (Acer rubrum): kommt aus Nordamerika, leuchtend orange bis rote Herbstfärbung.Wissenswertes: Der Ahornsirup stammt vom Zuckerahorn (Acer saccharum), wird aus dessen Rinde gewonnen und hat eine lange Tradition als Zuckerersatz. Im keltischen Baumkreis steht der mächtigere Feldahorn (Acer campestre) für den Lebensbaum.
Birke
Botanischer Name: Betula pendula (Sandbirke)
Familie: Birkengewächse (Betulaceae)
Herkunft/ Verbreitung: Europa und Nordasien
Baum: Birken sind sehr genügsam und Pionierpflanzen. Wenn eine Fläche brachliegt oder der Wald geschlägert wurde, zählen sie zu den ersten Gehölzen, die sich durch Aussaat ansiedeln, werden aber in Folge durch andere Bäume wieder verdrängt. Ihrer auffällig weißen Rinde wegen werden Birken gern als Gartenbaum gepflanzt.
Blätter: Die zarten, rautenförmigen bis dreieckigen gesägten Blätter hängen an schlanken, kahlen Zweigen. Die Birke verliert als einer der ersten Bäume ihre Blätter, davor färben sie sich zuerst kräftig gelb, später golden.
Garten: Auf leichten, sandigen Böden wachsen Sand- oder Weißbirken, wie der Name schon verrät, gut. Nur Trockenheit vertragen sie nicht gut. Bei den Zierformen zählt weniger die Herbstfärbung, die immer gelb ist, vielmehr geht’s um die Ausprägungen der Rinde. Besonders schön sind die weiße Himalaya-Birke (Betula utilis var. jacquemontii), die Papier-Birke (Betula papyrifera) und die Lindenblättrige Birke (Betula maximowicziana).
Wissenswertes: Die Birke ist der Frühlings- und Lichtbaum schlechthin. Sie selbst braucht viel Licht, um gut zu wachsen, und steht symbolisch für die Freiheit. Trotz ihrer stattlichen Größe wirken Birken filigran und voller Leichtigkeit – daher stammt wahrscheinlich auch die Symbolik. Blätter und Blattknospen können zu „Birkenpech“, einer Art Klebstoff, oder zu Birkensaft, der gegen allerlei Fruchtbarkeitsprobleme helfen soll, verarbeitet werden. Aus der Rinde werden traditionell Vorratsbehälter hergestellt. Sie enthält auch einen antiseptisch wirkenden Inhaltsstoff. Der Rindensaft wird zudem gegen Haarausfall, gegen Schuppen und zur Wundheilung eingesetzt. Zweige und Äste, die sogenannten Birkenreiser, lassen sich gut zu Besen verarbeiten. Leider stirbt dieses Handwerk aber zunehmend aus.
Kastanie (Marone)
Botanischer Name: Castanea sativa (Edelkastanie)
Familie: Buchengewächse (Fagaceae)
Herkunft/ Verbreitung: Südeuropa bis Kaukasus. Die Edelkastanie prägt auch die hügeligen Weingärten der Südsteiermark.
Baum: Edelkastanien gedeihen gut auf kalkarmen, leichten Böden in warmen Lagen wie in der „steirischen Toskana“. Der stattliche Baum wird 15 bis 20 m hoch. Sein Wuchs ist breit ausladend.
Blätter: Länglich, bis zu 20 cm lang, grob gezähnt und dunkelgrün. Im Herbst färben sich die Blätter goldgelb bis braun.
Garten: Die Edelkastanie gedeiht auf jedem Gartenboden gut, benötigt aber warmes Klima. Wichtig für eine erfolgreiche Kultur ist es jedenfalls, eine selbstfruchtbare und frühreifende Sorte aus einer heimischen Baumschule zu erwerben. Denn herkömmliche Edelkastanien benötigen einen Befruchtungspartner und reifen oft erst spät aus.
Wissenswertes: Im Wiener Raum als Straßenbaum sehr beliebt
ist die Rosskastanie (Aesculus hippocastanum), die aber botanisch nichts mit der Esskastanie zu tun hat. Sie trägt im Frühling attraktive kerzenförmige Blütenstände, im Herbst werden ihre braunen Früchte von Kindern gern gesammelt, um kleine Tiere daraus zu basteln. Essen kann man diese Kastanien aber nicht! Bei den Kastanien, die der Maronibrater aus dem Ofen anbietet, handelt es sich um Edelkastanien (Castanea). Aus den edlen Nüssen lassen sich allerlei Köstlichkeiten zubereiten, der süße Kastanienreis ist nur eine von vielen.
Am Osthang des Vulkans Ätna auf Sizilien wächst der „Kastanienbaum der hundert Pferde“. Die Legende erzählt von einer Königin, die mit hundert Reitern und Pferden während einer Treibjagd von einem Gewitter überrascht wurde und mit ihrem Gefolge unter dem stattlichen Baum Unterschlupf fand. Botaniker schätzen das Lebensalter dieses besonderen Baumes auf 2.000 bis 4.000 Jahre.
Buche
Botanischer Name: Fagus sylvatica (Rotbuche)
Familie: Buchengewächse (Fagaceae)
Herkunft/ Verbreitung: Europa
Baum: Rotbuchen können bis zu 30 m hoch werden. Die Früchte, auch als Bucheckern bekannt, sind kleine Nüsschen, die in einem stacheligen Achsenbecher sitzen. Bucheckern im Herbst zu naschen ist für viele eine ähnliche Kindheitserinnerung, wie aus Rosskastanien Ketten zu basteln. Große Temperaturgegensätze halten Rotbuchen schlecht aus. In Österreich werden sie als wichtige Waldbäume gepflanzt, vor allem im Wienerwald bietet sich dem Reisenden ein besonders eindrucksvolles Bild eines Buchenwaldes.
Blätter: Eiförmig, zugespitzt, etwa 7 bis 10 cm groß. Im Sommer dunkelgrün, im Herbst gelb bis braun mit grünen Flecken.
Garten: Der Waldbaum Rotbuche eignet sich aufgrund seiner enormen Größe nicht für den Garten. Es gibt aber Sorten, die kleiner bleiben und mit imposanten Blättern auf sich aufmerksam machen. Die Geschlitztblättrige Blutbuche (Fagus sylvatica Ansorgei), deren Laub ganzjährig rot und wellig eingekerbt ist, oder die Sorte Aureovariegata mit ihren gelb bunten Blättern sieht der Stammform gar nicht ähnlich.
Wissenswertes: In Österreich wachsen sowohl die Rotbuche als auch die Weiß- oder Hainbuche (Carpinus betulus). Weißbuchen sehen vielleicht ähnlich aus, sind botanisch mit den Rotbuchen aber nicht verwandt, da sie zu den Birkengewächsen gehören. Hainbuchen lassen sich in Hecken pflanzen und schneiden – eine gute Alternative zu Nadelgehölzen wie Thujen, die Tieren keinen geeigneten Lebensraum bieten. Rotbuchenholz wird gern für hochwertige Möbel genommen und hat als Brennholz einen hohen Stellenwert. Der Name „Rotbuche“ bezieht sich übrigens auf die rötliche Färbung des Holzes und hat daher nichts mit der Herbstfärbung zu tun.
Eiche
Botanischer Name: Quercus robur (Stieleiche)
Familie: Buchengewächse (Fagaceae)
Herkunft/ Verbreitung: Mischwälder in Mitteleuropa
Baum: Die Stieleiche wird bis zu 40 m hoch, findet ihren Platz also nicht in Gärten, sondern in Parks, an Straßen oder in freier Landschaft. Die Früchte im Herbst vervollständigen den Sammelkorb neben Kastanien und Bucheckern, auch wenn sie für den Menschen nicht genießbar sind.
Blätter: Die typischen gebuchteten Blätter lassen sich leicht als Eichenlaub erkennen. Die Oberseite ist dunkelgrün, die Unterseite blaugrün, im Herbst färben sie sich fleckig gelb bis braun.
Garten: Die heimische Stieleiche eignet sich nicht zur Gartenbepflanzung. Es gibt aber verwandte Arten, die aufgrund der Herbstfärbung empfehlenswert sind: Quercus palustris, die Sumpfeiche, wird zwar auch bis zu 25 m hoch, bildet jedoch im Herbst eine beeindruckende rote Herbstfärbung aus, ebenso Quercus rubra, die Amerikanische Roteiche.
Wissenswertes: Die Deutsche Eiche oder Sommereiche ist bei uns aus historischen Gründen etwas in Verruf geraten. Als Solitärpflanze ist dieser Baum aber eine beeindruckende Erscheinung. Schon in der Antike galt die Eiche als heiliger Baum. Sie war bei den Griechen Zeus, bei den Römern Jupiter und in Germanien dem Gewittergott Donar geweiht. Eichen strahlen Stärke, Sicherheit und Geborgenheit aus. Die knorrigen Bäume können sehr alt, sogar über 1.000 Jahre, werden. Neben dem Holz lässt sich auch die Rinde wegen der darin enthaltenen Gerbstoffe nutzen. Sitzbäder, beispielsweise bei Hautproblemen und Entzündungen, zählen zu Großmutters Heilwissen. Geröstete, gemahlene Eicheln als Eichelkaffee oder Schokolade sollen bei Durchfall, Darm- und Magenschwäche helfen. Leider sind viele Eichen vom sinkenden Grundwasserspiegel, von Klimawandel sowie Ozon- und Luftverschmutzung bedroht.
Esche
Botanischer Name: Fraxinus excelsior
Familie: Ölbaumgewächse (Oleaceae)
Herkunft/ Verbreitung: Mitteleuropa
Baum: Eschen wachsen in feuchten Wäldern und Flussauen und zeigen somit auch immer gleich die Bodenverhältnisse an. Sie vertragen sogar kurzfristige Überschwemmungen, jedoch keine anhaltende Staunässe. Sie können bis zu 40 m hoch werden.
Blätter: Die sehr großen, bis zu 30 cm langen gefiederten Blätter bestehen aus eiförmigen bis lanzettlichen, zugespitzten Einzelblättchen. Im Herbst färben sich die Blätter meistens gar nicht, höchstens gelblich grün. Die meisten fallen unverfärbt vom Baum.
Garten: Auch Eschen eigenen sich nicht für den Garten. Sie werden zu groß und bevorzugen feuchte Böden, die meist nicht vorherrschen. Eschen sind Wild- und Pioniergehölze, das heißt, sie siedeln sich als Erste auf Brachflächen an. Gut geeignet sind sie im Landschaftsbau als Bodenbefestigung an Wasserläufen. Empfehlenswert für den Garten ist jedoch die Manna- oder Blumenesche (Fraxinus ornus), eine Art, die nur bis zu 10 m hoch wächst. Ihre weißen Rispenblüten verströmen im Mai einen guten Duft.
Wissenswertes: Die Esche war auf Ritterburgen ein beliebter Baum, was wohl mit den dort vorhandenen Wassergräben zusammenhängt – ein idealer Standort für den feuchtigkeitsliebenden Baum. Eschen symbolisierten früher generell die Macht des Wassers. In Nordeuropa wurden sie als heilig verehrt und geschützt. Fällte man im angelsächsischen Raum zwei Eschen, stand darauf die Todesstrafe.
In der Mythologie spielt sie als Weltesche Yggdrasil in der nordischen Edda eine Rolle. Sie verbindet mit ihren drei Wurzeln die Welten – die Unterwelt Niflheim, die Götterstadt Asgard und das Riesenland Jötunheim. Interessant ist die enorme Reaktionsfähigkeit der Blätter auf Licht. Sowohl die gesamten Blätter als auch die einzelnen Fiederblättchen können Drehungs- und Biegungsbewegungen ausführen, um sich den Lichtverhältnissen anzupassen.
Eberesche
Botanischer Name: Sorbus aucuparia
Familie: Rosengewächse (Rosaceae)
Herkunft/ Verbreitung: Europa bis Kleinasien
Baum: Ebereschen werden bis zu 20 m hoch und kommen selbst in hohen Lagen, meist bis zu 900 m Seehöhe (in Tirol sogar bis 2.400 m), vor, wo sie in Strauchform wachsen. Die Kronen sind licht und luftig, im Alter leicht überhängend und bilden, wenn sie solitär stehen, malerische Formen.
Blätter: Die gefiederte Form erinnert an die Esche. Im Herbst färben sich die zarten Blättchen leuchtend gelb bis orangerot.
Garten: Der anspruchslose Baum gedeiht auf normalen Böden gut. Wie bei allen Rosengewächsen gilt: Wenn eine Eberesche abstirbt, darf an dieser Stelle nicht wieder eine gepflanzt werden. Empfehlenswert: die Süße Eberesche (Sorbus aucuparia var. moravica). Ihre größeren Früchte sind auch roh genießbar und erinnern im Geschmack an Preiselbeeren.
Wissenswertes: Die Eberesche hat viele Namen – Vogelbeerbaum (besungen im Lied „Der schönste Baum ist der Vogelbeerbaum“), Drosselbeere, Quitsche oder Krametsbeerbaum. Als Rosengewächs ist sie mit Äpfeln und Birnen verwandt und natürlich auch mit den Rosen. Die nächsten Brüder und Schwestern sind aber Mehlbeere (Sorbus aria), Speierling (Sorbus domestica) und Elsbeere (Sorbus torminalis). Letztere wurde zum „Baum des Jahres 2011“ erkoren.
Die Eberesche war dem germanischen Donnergott Donar geweiht, die alten Druiden schnitzten ihren Zauberstab aus Ebereschenholz. Orakel- und Gerichtsplätze wurden bewusst mit Ebereschen umpflanzt. Ihre Früchte tragen zu Recht auch den Namen „Vogelbeeren“, bieten sie doch den gefiederten Freunden bis in den Winter eine gute Nahrungsquelle. Auch der Mensch freut sich daran und brennt Vogelbeerschnaps. Zu Tee verarbeitet, helfen die Inhaltsstoffe der Blätter und Blüten bei Husten, Bronchitis und Magenverstimmungen.
Pappel
Botanischer Name: Populus alba (Silberpappel)
Familie: Weidengewächse (Salicaceae)
Herkunft / Verbreitung: Europa, Nordafrika, Zentral-, Westasien
Baum: Silberpappeln können je nach Standort 15 bis 45 m hoch werden. Pappeln sind Flachwurzler. Sie lieben feuchte, lockere, nährstoffreiche Böden und zählen zu den Pionierbäumen. Lichte Auwälder in Flussniederungen mit unregelmäßigen Überschwemmungen, wie sie an der Donau oder am Rhein vorkommen, sind typische Standorte. Strauchförmig überlebt die Silberpappel auf trockeneren Schwemm- oder Moorböden, ja sogar auf armen Sandböden. Sommerhitze als auch Winterkälte werden von ihr toleriert. Die Kronen sind locker und oft an einer Seite überhängend. Es gibt besonders alte Exemplare, die 300 bis 400 Jahre lang Generationen von Menschen überdauerten.
Blätter: Attraktive, auffallend weißfilzig behaarte Blattunterseiten, die im Windspiel bei Sonnenlicht weiß bis silberfarben leuchten. Die Herbstfärbung ist eher fleckig braun und im Vergleich zum Sommerlaub gar nicht schön. Die Blattformen variieren: drei- bis fünflappig, manchmal nur undeutlich gelappt.
Garten: Die sehr hoch wachsenden Bäume passen in die wenigsten Gärten, als Landschaftsgehölz oder Alleebäume prägen sie hingegen ganze Landstriche in Österreich.
Wissenswertes: Silberpappeln dienen vielen Schmetterlingen
als wichtige Nahrungspflanze. Die Raupe des Silberpappel-Kahneulchens beispielsweise kann nur auf diesem Baum überleben.
In der Antike wurde die Silberpappel Unterweltgott Hades zugeschrieben. Der liebte Leuke, die Tochter des Meeresgottes. Nach deren Tod pflanzte er in den elysischen Gefilden zum Gedenken an sie Pappeln. Die Silberpappel galt übrigens auch als Lieblingsbaum von Herakles. Er kehrte mit einem Kranz aus Pappelzweigen aus der Unterwelt zurück. Bei den olympischen Wettkämpfen wurden zur Siegerehrung Pappelzweige verwendet.
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