Glücksbringer: mystische Ideen aus der Natur
Unsere Kräuter-Expertin Miriam Wiegele schreibt mit einem kleinen Augenzwinkern über den Mythos der Zauberpflanzen. Und vier Glücksbringer Ideen, die rund um den Jahreswechsel Saison haben.
Heilen galt in alten Tagen immer auch als Magie. Deshalb warfen die Menschen Heil- und Zauberpflanzen intuitiv in einen Topf. Manche sollten die Liebe und Fruchtbarkeit erwecken, andere Haus und Hof beschützen, das Wetter prophezeien oder Gewitter vertreiben – und manche sollten Glück bringen.
Das Wissen um diese Zauberkräfte, das einst fester Bestandteil der jahreszeitlichen Bräuche am Land war, ist großteils verlorengegangen oder wird in unserer aufgeklärten Zeit gern als Aberglaube abgetan.
Dazu muss man freilich wissen: Etymologisch bedeutete „aber-“ ursprünglich nicht „gegen“, sondern „darüber hinaus“, also „über den Verstand hinausgehend.“ Im Vergleich dazu ist Lottospielen purer Aberglaube, also ein typischer Akt des „Glaubens wider die Vernunft“ angesichts der gleichsam nicht vorhandenen Gewinnchancen.
Einerseits wurde rund um die Zauberpflanzen natürlich viel Hokuspokus verzapft, andererseits wissen wir heute: Einzelne Wirkungen, die ihnen anno dazumal rein intuitiv zugesprochen wurden, haben eine wissenschaftliche Grundlage.
Zum Beispiel, dass Pflanzen wie der Spargel tatsächlich die Libido stimulieren oder dass die Wetterdistel bei einem Wetterumschwung ihre Blüten schließt.
Und auch in den Geschichten rund um den sagenumwobenen Hauswurz (auch Donnerwurz genannt), der vor Blitzschlag und Feuer schützen sollte, steckt ein Fünkchen Wahrheit. Sogar Kaiser Karl der Große hatte befohlen, dass auf jedem Haus seiner Untertanen ein Hauswurz wachsen müsse. Er tat dies ohne die moderne Erkenntnis, dass die Hauswurz-Rosetten mit all ihren Spitzen der einzelnen Blättchen den elektrischen Spannungsausgleich zwischen dem Dach und der Luft erleichtern können. Moderne Blitzableiter bestehen heutzutage aus Büscheln fein zugespitzter Drähte, sind also den Blattspitzen der Hauswurz nachempfunden.
Womit wir bei jenen Zauberpflanzen wären, die rund um den Jahreswechsel Saison haben: Glücksbringer Ideen mit mystischer Funktion.
Alraunwurzel (Mandragora officinarum)
Man nannte sie auch Glücksmännlein, und ihr Besitzer konnte darauf hoffen, dass die Alraunwurzel zu Geld und Ehren verhilft.
Allerdings musste man vorher sehr viel investieren, denn mit den Alraunwurzeln wurde ein reger Handel betrieben. Je menschenähnlicher die „Wurzen“ war, desto mehr Glück sollte sie bringen – und desto teurer war sie. Dabei wurde zwischen „Männlein“ und „Weiblein“ unterschieden, und Ersteren kam natürlich die stärkere Wirkung zu.
Solche Alraunwurzeln wurden gehegt und gepflegt. Der Besitz dieses Glücksbringers symbolisierte Hausglück, Gesundheit, Kindersegen und Reichtum. Den herumziehenden „Wurzelsepp“, der nicht immer den echten Alraun, sondern oft Doppelgänger verkaufte, gibt es schon lange nicht mehr. Bleibt höchstens noch, die Mandragora in Arzneien gegen Arthrose zu verwenden. Wenn dann die Schmerzen nachlassen, ist das auch ein Glück.
Glücksklee (Oxalis tetraphylla)
Als der Glücksbringer schlechthin gilt seit jeher der Klee. Wegen der Dreizähligkeit seiner Blätter war der Wiesenklee (Trifolium pratense) schon in frühesten Zeiten eine Symbolpflanze.
Der irische Nationalheilige Patrick machte daraus für die „heidnischen“ Inselkelten das christliche Symbol der Dreifaltigkeit, da beim Klee drei Blättchen aus einem Stiel entwachsen. Später wurde das Kleeblatt auch in die irische Nationalfahne aufgenommen.
Der vierblättrige Klee, der vom Gartenhandel um den Jahreswechsel herum verkauft wird, ist eine Zuchtform des Sauerklees, der mit dem Wiesenklee nicht verwandt ist. Er versinnbildlicht die perfekte Ausgeglichenheit und gilt als Garant für die Erfüllung jedes Wunsches – vor allem, wenn man ihn zu einer magischen Zeit wie der Morgendämmerung oder etwa zu Johanni erspäht. Es ist ein netter Brauch, diesen Sauerklee lieben Menschen zu schenken. Zauberträchtiger ist es jedoch, die äußerst seltene vierblättrige Form eines Wiesenklees zu finden. Das passiert nämlich so gut wie nie.
Tausendguldenkraut (Centaurium umbellatum)
Wenn eine Pflanze Tausendguldenkraut genannt wird, vermutet man doch, dass sie zu Reichtum verhelfen könne. Der Name Centaurium erinnert aber an den heilkundigen Zentaur Chiron.
Später, als die Erinnerung an die Zentauren verlorengegangen war, versuchte man, den Namen logisch zu deuten: centum heißt lateinisch hundert, aurum Gold, also wurde die Pflanze zum Hundertguldenkraut.
Da man seine Heilkraft aber sehr schätzte, wurde der Name auf Tausendguldenkraut aufgewertet. Man empfahl, zum Mittagsläuten, möglichst am Johannistag, den Glücksbringer zu pflücken und in die Geldtasche zu stecken, damit diese nie mehr leer sein sollte. Im Winter muss man auf die Droge aus der Apotheke zurückgreifen. Ein Blättchen gibt man in die Geldbörse und aus dem Rest macht man Tee, der den vom Weihnachtsbraten beeinträchtigten Stoffwechsel wieder in Schwung bringen kann.
Gänsefingerkraut (Potentilla anserina)
Eine ganz besondere Glückbringer Idee ist das Gänsefingerkraut. Das gibt’s in der Apotheke und auch ihm wurde zugesprochen, das Geld vermehren zu helfen. Auf jeden Fall soll es stark machen, was sogar der botanische Name Potentilla ausdrückt – darin steckt das lateinische Wort potentia, also Kraft.
Wer diese Pflanze in die Schuhe legte, durfte darauf hoffen, die Oberhand in der Ehe zu erlangen. Um das Geld zu vermehren, sollte man unbedingt den folgenden Spruch murmeln, wenn man ein Blatt in die Geldbörse gleiten lässt:
Grüß dich Gott, Fünffingerkraut,
bist so schön und wohlgebaut,
stehst allhier in Gottes Garten,
von dir will ich viel Geld erwarten.
Aus dem Rest kann wiederum Tee gekocht werden, der vor allem bei Bauchzwicken hilft.
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