Kohlsprossen: Pflanzen und kochen
Er ist der eleganteste Spross der Familie Kohl – ein kleines Vitamin-Wunder, das wir den ganzen Winter über frisch ernten und zubereiten können. Aber bitte mit Fingerspitzengefühl ...
Der Rosenkohl, der in Österreich und Süddeutschland zumeist Kohlsprossen und weiter nördlich Sprossenkohl heißt, ist ein echter Europäer. Zum ersten Mal tauchte er dort auf, wo heute das Herz Europas schlägt – in Brüssel. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts gab dieser jüngste Vertreter der weit verzweigten Kohlfamilie auf den Brüsseler Märkten sein Debüt. „Chou de Bruxelles“, Brüsseler Kohl, war sein ursprünglicher Name und ist es in französischsprachigen Landen immer noch.
Rosenkohl (Brassica oleracea var. gemmiferra)
Volksnamen: Kohlsprossen, Sprossenkohl
Familie: Kreuzblütler (Brassicaceae)
Anbau: Als Wintergemüse wird Rosenkohl Ende April oder im Mai ausgesät; die Jungpflanzen werden im Juni oder Juli in tiefgründigen, humosen, ausreichend mit Wasser versorgten Boden ausgepflanzt. Zu vor arbeitet man in den Boden gut verrotteten Kompost ein. Die Pflanzen brauchen viel Platz, ein günstiger Pflanzabstand ist 50 × 50 cm.
Pflege: Sobald sich in den Blattachseln die kleinen Röschen bilden, düngt man mit Pflanzenjauche. Vor allem im Sommer muss man die Pflanzen gut gießen. Je nach Sorte bildet Rosenkohl unterschiedlich große Gipfelrosen aus. Es ist – vor allem bei Herbstsorten – günstig, diese zu kappen, weil sich dann die Achselröschen besser entwickeln. Am besten macht man das im September, wenn die Sprossen haselnussgroß sind. Im Herbst häufelt man die Pflanzen mit Erde an, damit sie im Winter stabil stehen. Sicherheitshalber kann man sie auch mit einem Stock stützen.
Ernte: Herbstsorten ab Oktober, Wintersorten ab dem Spätherbst bis in den April hinein, wenn die Röschen mit dem Ausblühen beginnen. Die Röschen reifen am Pflanzenstrunk von unten nach oben.
Gut zu wissen
Frische Kohlsprossen kann man zwei Tage unbeschadet im Gemüsefach auf bewahren. Tiefgefroren halten sie sich ein gutes halbes Jahr. Dazu kann man das Gemüse vorher kurz blanchieren, genauso gut lassen sich aber auch die geputzten rohen Röschen einfrieren.
Man kann Kohlsprossen mit etwas Aufwand auch als Balkongemüse ziehen. Voraussetzung: ein mindestens 30 Liter fassender Pflanzkübel pro Pflanze und die Möglichkeit, den Rosenkohl an einem nicht zu warmen Plätzchen über den Sommer zu bringen. Stauhitze bekommt den Pflanzen – wie allen Kohlarten – nämlich gar nicht.
Kohlsprossen sind frostfester als die großen kopfbildenden Kohlarten. Je nach Sorte überstehen die Pflanzen auch Temperaturen bis zu minus 10 Grad.
Viele Menschen bezahlen den Genuss von Kohlgemüse mit Blähungen. Zumindest ein bisschen eindämmen kann man diese unangenehme Nebenwirkung, wenn man dem Kochwasser Kümmel hinzufügt.
Als „Brüsseler Sprossen“ trat er im 19. Jahrhundert seinen Siegeszug durch die Küchen des Abendlandes an. Die Auswahl an heimischen Wintergemüsen war und ist begrenzt; die kleinen, rundlichen Sprossen verheißen in der an Frischgemüsen armen Jahreszeit genussreiche Abwechslung.
Die zwei, drei Zentimeter großen Sprossen bilden sich direkt am Strunk in den Blattachseln der Pflanzen, wenn diese schon hoch aufgeschossen sind. Die Röschen, die wie Miniaturkohlköpfe aussehen, reifen den Strunk entlang von unten nach oben. Die meisten sind hellgrün, es gibt aber auch einige blauviolette Sorten.
Kohlsprossen haben übrigens unter allen Gemüsesorten den höchsten Vitamin-C-Gehalt. Dass die Ernte dann ansteht, wenn es mit frischen Vitamin-Lieferanten sowieso mager aussieht, macht sie doppelt wertvoll. Reich an Magnesium sind sie obendrein.
Wie man Kohlsprossen zubereitet, damit sie schmecken
Speziell für Kohlsprossen gilt: Auf den Koch kommt es an und darauf, was der daraus macht. Kaum einer von uns, der nicht schreckliche Erinnerungen an „matschig gekochtes kugeliges Grün in von Mehlpampe gebundener Sauce“ hätte, wie die Gärtnerin Ute Woltron in ihrem famosen Buch über selbst gemachte Köstlichkeiten aus dem Garten („Warum schmecken Maulbeeren am besten nackt?“, Brandstätter Verlag) schreibt. Da ist was dran. Man kann die feinen Sprossen nämlich in null Komma nichts um Geschmack und Bissfestigkeit kochen.
Kohlsprossen können ihr erstaunliches Aroma nur dann entfalten, wenn zweierlei gewährleistet ist:
Erstens müssen sie frisch sein. Am besten also, man kauft sie auf dem Markt oder holt sie sich gleich aus dem Garten. Wenn die äußeren der kleinen Blättchen gelb bespitzt und papieren trocken sind, kann man sie getrost vergessen.
Zum Zweiten: Die Röschen gehören für nicht mehr als drei, vier Minuten in Salzwasser gekocht. Fertig. Und dann wird klar, dass Rosenkohl der eleganteste Spross der Kohlfamilie ist – nussig, mit typischem Kohlgeschmack, manchmal leicht bitter.
Zubereitungsarten
Anders als viele andere Kohlarten isst man die Sprossen nicht roh. Man kocht oder blanchiert sie und schwenkt sie in zerlassener Butter, man brät sie der Länge nach halbiert in Olivenöl oder Butter an oder überbäckt sie vorgegart in einer Auflaufform mit Käse, Speck und Béchamelsauce.
Man kann Sinn entwickeln für die leicht bittere Note in ihrem Aroma. Wer das nicht hat, dem sei gesagt, dass ein Großteil des Bitteren auf das Wasser übergeht, in dem man die Sprossen kocht.
Wie Fisolen vertragen sich Kohlsprossen prächtig mit geräuchertem Speck – Speckkohlsprossen sind eine herrlich deftige Beilage, vor allem zu Wildgerichten.
Knoblauch, Salbei und Olivenöl verleihen ihnen ebenso ein südliches Flair wie geriebener Parmesan. Sogar marinieren kann man halbierte Sprossen bestens, etwa in einer Vinaigrette aus Apfelessig und Rapsöl.
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