Wie uns eine steirische Glashütte das Wetter prophezeit
Sie ist im Kaiserhof in Neuberg an der Mürz situiert und huldigt dem König der Dichter. Denn das Markenzeichen der letzten steirischen Glashütte mit Handwerksbetrieb ist das Goethe-Barometer.
Der große Dichter Johann Wolfgang Goethe sollte einst das nach ihm benannte Barometer erfunden haben. Gespeist wird diese Erzählung aus einem kleinen wahren Kern, dass nämlich der Meister der Worte auch ein passionierter Erforscher der Natur war. Trotzdem stimmt die Geschichte nicht, denn schon tausend Jahre bevor der Genius in Frankfurt das Licht der Welt erblickte, führten die Mauren solche Geräte mit sich, als sie in Spanien landeten. Wie man so ein Kunstwerk in Handarbeit fertigt, kann man im ehemaligen Zisterzienserkloster in der kleinen Glashütte von Andreas Hafner im Mürztal beobachten.
Es sind zudem lauter Einzelstücke, hinter deren Entstehung sehr viel Können und Liebe steckt.Andres Hafner, Glasbläser
Der Mund macht einfach alles
Wenn der Hauptkörper des Wetter-Barometers geformt ist, wird die Glasmacherpfeife im Inneren mit einem warmen Glastropfen angesetzt und in einem Zug mit ebenso viel Kraft wie Gefühl von innen durchgeblasen. So entsteht der Schnabel des Barometers, der während dieser Prozedur mit einer Zange in die Länge gezogen wird: „Das ist eine wirklich schwierige Arbeit – die hohe Schule des Glas blasens“, sagt Andreas. Und er ergänzt: „Es sind zudem lauter Einzelstücke, hinter deren Entstehung sehr viel Können und Liebe steckt.“
So funktioniert das Goethe Wetter-Barometer
Ist das schöne Stück einmal fertig, wird nun alles sehr einfach. Eingefärbtes destilliertes Wasser wird eingefüllt, und den Rest besorgt der Luftdruck. Naht eine Schlechtwetterfront, steigt das Wasser im Schnabel, bei Prachtwetter wird es in den Hauptkörper zurückgedrückt: „Das funktioniert seit Jahrhunderten gleich – und gleich zuverlässig“, erzählt Andreas. Weil es an der Wand auch noch wunderschön aussieht, ist es heute noch genauso gefragt wie zu Goethes Zeiten.
Lustig sind auch die Namen, die dem Goethe-Barometer noch zugedacht sind: Wetterglas ist der trockenste, Wassergimpel der vielleicht witzigste; und die Bezeichnung Pinkelbarometer rührt daher, dass das Wasser bei extremem Schlechtwetter aus dem Schnabel rinnen kann.
Aber Andreas Hafner und seine Mitarbeiter erschaffen im Naturpark Mürztaler Oberland auch viele andere schöne Dinge aus Glas. Ein Schwerpunkt springt schon ins Auge, wenn man über den früheren Klosterhof zum Eingang der Glashütte schlendert. Die Wiesen beherbergen ein Meer an bunten Glaskugeln, und Andreas verrät: „Wir produzieren sehr viel für den Garten – bis hin zu Skulpturen.“
Zehn bis fünfzehn Jahre, schätzt Andreas, sind erforderlich, bis man als Glasbläser wirklich alle Finessen draufhat und von nichts mehr überrascht werden kann. Seine Mitarbeiter bringen teilweise dreißig Jahre Erfahrung mit, und das merkt man auch als unbedarfter Beobachter. Da sitzt jeder Handgriff, da wird die heikelste Arbeit in größter Ruhe erledigt: „Das ist kein Beruf für Leute, die es eilig haben. Hier bestimmt das Material, wie mit ihm umzugehen ist.“ Umso mehr freut es den Glashüttenchef, dass er einen 17-jährigen Lehrling aus der näheren Umgebung hat. „Der Valentin stand eines Tages vor der Tür und sagte, er will unbedingt Glasbläser lernen – und das ließ er sich auch nicht mehr ausreden“, erzählt Andreas mit einem Schmunzeln.
Das Talent bringt der junge Mann mit und die Ausdauer, wie’s scheint, auch. Zu üben und zu beobachten gibt es in dieser letzten steirischen Glashütte genug und eines Tages wird auch Valentin reif sein für die Königsdisziplin und sein erstes Goethe-Barometer blasen. In aller Ruhe.
Tipp: Rosenkugeln und das Wetterbarometer gibt es im Onlineshop Servus am Marktplatz.
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