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Alle Zutaten rasch zu einem glatten Teig kneten. Nach Bedarf ein wenig Milch beigeben. Den Teig 1 Stunde kühl stellen.
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Backrohr auf 180 °C Ober-/Unterhitze vorheizen.
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Teig 2 bis 3 mm dünn ausrollen.
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Eine Kekshälfte mit, die andere ohne Löcher ausstechen.
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Kekse auf ein mit Backpapier belegtes Backblech setzen und im Rohr ca. 10 bis 12 Minuten backen. Auskühlen lassen.
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Die Keksböden großzügig mit aufgekochter und passierter Marmelade bestreichen.
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Ober- und Unterteile zusammensetzen und mit Staubzucker bestreuen. In die Dose geben. Fertig.
Wiener Spitzbuben
Von den vielen Keksen der Großmutter von Thomas Raab war nur eines interessant: das Linzerauge, zu dem die Wiener Spitzbube sagen.
Dieser Zauber bewegt die Welt.
Nicht die kugelrunde, auf der wir herumtanzen, als bräuchte es kein Morgen, sondern die kleine, die in jedem Menschen steckt. In meinem Fall: meine kleine Welt. Mein Ich. Seit wann genau mich dieser besagte Zauber nun zu rühren vermag, obwohl er geknetet werden muss, weiß ich nicht.
Vermutlich war mein fahrbarer Untersatz noch der Dreiradler, und wenn nicht Dreiradler, dann eben der Radlbock oder die Heuschupfen. So nannten wir diese Schubkarre aus Lattenbrettern mit zwei Griffen und hölzernem Einrad. Da saß ich dann als Knirps im Winter auf Brennholzscheiteln, dick eingepackt, mit Backware zwischen den Fingern.
Ebenfalls Einräder, nur eben aus Teig. Hergestellt von den von schwerer Arbeit gezeichneten, knorrigen Händen meiner Großmutter väterlicherseits. Eine wortkarge Frau. Früh schon Witwe. Von da an trug sie nur noch ihr schwarzes Dirndl, stand gebückt auf dem Feld oder in der Küche.
Und kam die Weihnachtszeit, färbte sich das Schwarz ihrer Schürze mehl- und staubzuckerweiß. Mit Tochter Anni und wiederum deren Töchtern wurde gebacken. Keks. Unmengen zwar, ich aber sah nur das unwiderstehliche Lächeln dreier roter Ribisellöcher (die Marmelade selbst gemacht, die Säure perfekt, die Beeren aus dem Gachtl), obwohl das dazugehörige runde Gesicht eher einem Staunen glich, einem Oh!, Ui!, einem Pfiff. Genannt wurde es Linzerauge. Oberösterreich, logisch. Mir war’s wurscht.
Das Rad der Zeit
Selbst als Bregenzerluaga, Pinzgaueraigal, Weaner veigerl wäre es Teil meines Lebens geworden. „Welche Geburtstagstorte wünschst du dir?“, so meine Mutter. „Linzeraugen.“ „Im August?“ Von mir aus jeden Monat. Jahre später lag gegenüber meiner kleinen Wiener Studentenwohnung eine Bäckerei mit nächtlichem Gassenverkauf, heimlich über das Souterrainfenster heraus. Sogar an die Polizei. „Wia imma zwa Topfngolatschn, Häainschpekta? Und du?“ – „Linzeraugen bitte!“ – „Da muaßt noch Linz foahrn. Bei uns san des Spitzbuam!“
Klein, einäugig, heimtückisch, weil schwupp, schwupp, schwupp – und: haufenweis Kilo plus. Meine Großmutter, meine Tante Anni, meine Mutter, mein Vater, der Bäcker Toni, sie alle sind fort, und womöglich waren sie es, die uns aus stiller Fürsorge im Nachbarsgarten Wahltante Edith und Wahlonkel Mario geschenkt haben.
Ihre Marmelade (selbst gemacht, die Säure perfekt, die Beeren aus dem Gachtl) bedeckt nicht nur die Frühstücksbrote unserer Kinder, sondern blitzt aus den drei roten Ribisellöchern dieser handflächengroßen, butterweichen: Tante Ediths Linzeraugen? „Da muaßt noch Linz foahrn, Thomas. Bei uns san des Spitzbuam!“ Und es ist egal, die Größe, die Anzahl der Löcher, sogar die Herkunft. Denn einen Zauber gibt, der bewegt die Welt, so oder so: Liebe.
Zum Autor: Thomas Raab lebt in Wien und ist Schriftsteller und Musiker. Zuletzt erschien „Peter kommt später“, der dritte Band der Reihe „Frau Huber ermittelt“ (Verlag Kiepenheuer & Witsch).
Dieses Rezept erschien in Servus in Stadt & Land im November 2023 in der Rubrik „Aus Omas Kochbuch“.
Menge | Zubereitungszeit | Gesamtzeit |
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250 Portionen | 1:30 Stunden | 2 Stunden |
250 g | Mehl |
1 Messerspitze | Backpulver |
180 g | Butter |
150 g | Zucker |
100 g | Nüsse (Mandeln, Haselnüsse) |
1 | Ei |
1 Prise | Zimt |
abgeriebene Schale von 1 Bio-Zitrone |
hausgemachte Ribiselmarmelade (je weniger Zucker, desto besser) |