Mystische Misteln und ihre Wirkung
Misteln bringen Glück und schützen vor allem Bösen. Schon die Kelten verehrten die immergrünen, schmarotzenden Büsche als Zauberpflanzen.

Es ist kinderleicht, eine Mistel zu vermehren. Man braucht nichts anderes zu tun als eine ihrer kleinen, durchsichtig weißen Kugelbeeren auf der glatten Rinde eines jungen Laubbaumes auszudrücken. In der Natur kümmern sich Misteldrosseln und Seidenschwänze um diese Arbeit. Sie naschen im Winter gern von den Beeren, und dabei bleibt ein Teil des klebrigen Fruchtfleischs mitsamt Samen an ihren Schnäbeln haften.
Schmieren die Vögel ihre Schnäbel an den Ästen ab oder hinterlassen dort ihren Kot, kommen die unverdauten Samen auf die Rinde. So klebrig sind die Mistelbeeren, dass daraus früher sogar Leim für den Vogelfang gewonnen wurde. Schon die alten Römer spotteten, dass die Misteldrossel „sich selbst ihr Unheil kacke“ („ipse sibi cacat malum“), indem sie zur Verbreitung der Mistel beitrage. Denn gerade Drosseln gingen den Vogelfängern gern auf den aus Mistelbeeren gemachten Leim.
Misteln im Wirtsbaum
Kleben die Mistelsamen einmal auf der Rinde eines Baumes, kommt ein raffinierter Mechanismus in Gang: Sie bilden erst eine Haftscheibe und dann einen Saugfortsatz, der sich in den Zweig des Wirtsbaumes hineinbohrt. So setzt sich die kleine Mistel fest, entwickelt Wurzeln und beginnt zu wachsen. Und zwar im Schneckentempo. Bis jene kugelig runden, gelb-grün belaubten Büsche von einem Meter Durchmesser entstehen, vergehen gut 20 oder 30 Jahre.
Der Wirtsbaum versorgt seinen immergrünen, schmarotzenden und ewig an ihm saugenden Gast mit Wasser und Mineralstoffen. Solange sich nicht zu viele Misteln auf demselben Baum breitmachen, schadet das dem Wirt auch nicht weiter. Die Mistelbuschen schwanken hoch oben in den Ästen. Ganz ohne Kontakt zum Boden und zur Erde.
Die Aura des Geheimnisvollen umgibt sie und prädestinierte sie in der Fantasie der Menschen zum Objekt für allerlei Aber- und Wunderglauben. Schon einige ihrer vielen Volksnamen weisen darauf hin: Hexenbesen, Donnerbesen, Donnerbusch oder Druidenfuß. Kelten und Germanen brachten der Mistel besondere Verehrung entgegen.
Die Misteln und der Volksglaube
Bis ins 20. Jahrhundert hielt sich der Volksglaube, dass Misteln vor Unheil schützen. Man fertigte Perlen für Rosenkränze aus ihrem Holz, sagte ihnen nach, Albträume vertreiben zu können, und glaubte, ihr Vorkommen verweise auf geheime Schätze. Noch heute behaupten manche, dass Misteln an Stellen mit starker Erdstrahlung wachsen, dort die Störstrahlung neutralisieren und so ihren Wirtsbaum beschützen.
Ganz besonders, sagt der Volksglaube, tun sie aber ihre Wirkung, wenn man sie als Schutzzauber aufhängt. Auch wer sich unter einem Mistelzweig küsst, ist für seine Liebe mit besonderem Glück gesegnet. Der auch bei uns beliebte Brauch, rund um die Weihnachtszeit Mistelbüsche aufzuhängen, stammt allerdings aus dem englischen und amerikanischen Raum.
Mistel (Viscum album L.)
Weiterer Name: Weißbeerige Mistel
Familie: Santalaceae (Sandelgewächse)
Reifezeit: Die transparenten weißen Mistelbeeren, die die Samen enthalten, reifen von Dezember bis März.
Standort: Misteln sind sogenannte Halbschmarotzer mit immergrünen Blättern und wachsen als kugelige Büsche auf den Ästen von Laub- oder Nadelbäumen, denen sie Wasser und gelöste Mineralstoffe entziehen.
Der Misteltee und seine Wirkung
Die Naturheilkunde setzt Misteltee zur Regulierung von Blutdruck und Kreislauf ein. Der Tee besitzt auch blutstillende Eigenschaften, die bei starken Regelblutungen helfen. Auch Wechselbeschwerden wie Herzklopfen, Schwindel, Schweißausbrüche oder Beklemmungsgefühle lassen sich damit behandeln.
Die mittelalterliche Äbtissin Hildegard von Bingen kurierte mit der Birnbaummistel Brust- und Lungenleiden. Misteltee aus Blättern und Zweigen, auch Mistelkraut (Visci alba) genannt, wird als Kaltauszug hergestellt, weil die Pflanzengifte sich in kaltem Wasser nicht auflösen.
Gut zu wissen
Misteln sind giftig, allerdings je nach ihrer Wirtspflanze unterschiedlich stark. Die, die auf Ahorn- oder Linden Ästen wachsen, sind am giftigsten, die auf Apfelbäumen am wenigsten.
Von der heimischen Weißbeerigen Mistel (Viscum album) gibt es einige Unterarten, die jeweils in Verbindung mit ganz bestimmten Wirtspflanzen stehen: Man unterscheidet die Laubholzmistel (V. album subsp. album), die vor allem auf Pappeln, Weiden, Linden, Apfelbäumen, Robinien, Birken, Ahornen oder Eichen wächst, die Föhren- oder Kiefernmistel (V. album subsp. austriacum) und die Tannenmistel (V. album subsp. abietis), die auf Weißtannen schmarotzt.
Als Halbschmarotzer werden Misteln bezeichnet, weil sie zwar eine Wirtspflanze brauchen, allerdings eigenes Blattgrün besitzen und daher zur Fotosynthese fähig sind.
Es wird vermutet, dass jene Misteln, die Kelten und Germanen so verehrten, weniger die Weißbeerigen Misteln waren, sondern vor allem Eichenmisteln (Loranthus europaeus). Diese gehören zu einer anderen Pflanzenfamilie und wachsen ausschließlich auf Eichen, während unsere heimischen Misteln auf Eichen nur sehr selten vorkommen.
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