Zu Besuch in einem steirischen Rosengarten
Rund um ihr Haus bei Graz erschuf die Gärtnerin Christine Fischer einen bezaubernden Rosengarten. Aber die Königin der Blumen ist nicht allein: Ihr blühender Hofstaat macht die Pracht vollkommen.
Ein erster Eindruck kann manchmal verwirrend sein. Diese zierliche und elegante Dame im roten Sommerkleid? Das ist die Gärtnerin, die uns in ihrem Rosengarten erwartet?
Dr. Christine Fischer, Juristin, Hausfrau und Mutter, straft alle Klischees Lügen. Eleganz und mitunter dornenreiche Gartenarbeit schließen einander nicht im Mindesten aus, wie man sieht. Nach der herzlichen Begrüßung unter alten Bäumen wagen wir einen ersten Blick auf Christine Fischers Reich und sind überwältigt.
Mit Blumen malen wie Monet
Hier lässt Dornröschen grüßen. Das alte steirische Bauernhaus, in dem schon viele Generationen von Fischers lebten, ist fast völlig von duftenden Rosen überwachsen. Kletterrosen, Clematis, Jelängerjelieber und Gartengeißblatt wuchern kaskadenartig über das Wohngebäude und die dazugehörigen Stadel. Rund ums Haus wogt und blüht es überall so üppig, dass man kaum weiß, wo man zuerst hinschauen soll.
„Bei mir kommen die Rosen immer zuerst, dann zieht der passende Hofstaat dazu ein“, sagt Christine Fischer lächelnd, als sie unser Staunen über die Blütenpracht bemerkt.
Was da alles vor, hinter und zwischen den Rosen wächst, ist ziemlich beachtenswert: winterharte Blütenstauden wie beispielsweise Schwertlilien und Zierlauch, Sterndolden und Storchenschnäbel, Lichtnelken, Rittersporn und Königskerzen in unterschiedlichen Farbnuancen. Hier hat jemand seinen botanischen Sammeltrieb mit viel Geschmack ausgelebt.
Für Christine Fischer spielen Farben eine prägende Rolle bei der Gartengestaltung. „Mein Leitspruch lautet seit langem: Ich male mit Pflanzen. Claude Monets Garten in der französischen Normandie hat mich stark beeinflusst.“
So entstanden Beete in Rosa, Gelb, Weiß oder Dunkelrot, aber überall ist die Rose die überragende Leitpflanze. „Jetzt ist alles schon wunderbar eingewachsen“, zieht Christine Fischer Bilanz, bald zwei Jahrzehnte nachdem hier ihre Liebe zu den Rosen erblüht war.
Seit 25 Jahren bewohnt die Familie das Anwesen, doch in den ersten elf Jahren wurde es nur als Sommersitz genutzt. Nach dem dritten Kind wurde um- und angebaut, und die fünfköpfige Familie ließ sich endgültig in ihrem Wochenendgarten nieder.
Das war auch der Startschuss für Christine Fischer, sich mehr und mehr der Bepflanzung zu widmen.
Für historische Rosen ist überall Platz
Der Weg zu den alten Rosen führte sie über die Züchtungen des englischen Rosenpapstes David Austin. Derart inspiriert, stieß sie auf der Suche nach weiteren ausgefallenen Sorten in einer Gärtnerei im niederösterreichischen Tullnerfeld auf eine berauschende Vielfalt historischer Pflanzen, was in den frühen Tagen ihrer Rosenleidenschaft keine Selbstverständlichkeit war. „Bei uns gab es damals kaum gut sortierte Gärtnereien“, erinnert sich die Gärtnerin, „das hat sich erst in den letzten 15 Jahren verändert.“
Christine Fischer begann, Rose um Rose zu setzen – 20 bis 25 werden es jedes Jahr wohl gewesen sein. Heute schmücken um die 250 verschiedene Sorten den Garten. Und jetzt, zur Hauptblütezeit im Juni, lässt sich die Pracht kaum in Worte fassen. Und erst dieser Duft!
Vor allem in den ersten Jahren war kein Platz auf dem Grundstück sicher vor Christine Fischers Liebe zum Rosenpflanzen. „Nicht in die Wiese“, beschwor sie ihr Ehemann, „ich muss doch mähen können.“
Die Gärtnerin zeigte sich kompromissbereit, ergriff dafür aber jede Gelegenheit, ihre Rosen abseits der unbepflanzten Flächen in die Freiheit fruchtbarer Erde zu entlassen. Sogar der Platz zum Wäscheaufhängen ist mittlerweile Bestandteil des Rosenparadieses. Und längst sind auch die alten Bäume von blühenden Ranken umgeben. Die mächtigen Stämme und Kronen eignen sich hervorragend dazu, von Rosenbüschen gleichsam erobert zu werden. Ramblerrosen wie „Paul’s Himalayan Musk“, die den stattlichen Birnbaum in eine rosige Wolke verwandelt, hat sie bewusst zu dessen Wurzeln gesetzt, obwohl das damals kaum üblich war.
Der Hofstaat von Christine Fischers Rosen besteht aber nicht nur aus Stauden. Etwa 40 Sorten Clematis klettern in groß- und kleinblumiger Form vom Frühjahr bis in den Herbst hinein zwischen den Rosensträuchern empor und krönen so das Pflanzenbild.
Ein neuer Baum zu jedem Hochzeitstag
„Clematis, Stauden und ausgefallene Gehölze wie die goldene Catalpa ,Aurea‘, ein Trompetenbaum, der immer zurückgeschnitten wird, um die niedere Form zu halten, pflanze ich, um die Rosen besser hervorzuheben“, erklärt Christine Fischer.
So ist auf 3,8 Hektar ein bezaubernder Garten entstanden. Die bepflanzte und gestaltete Fläche selbst beträgt mittlerweile 7.000 blühende Quadratmeter. „In den letzten Jahren pflanze ich jedoch immer weniger – der Platz wird langsam knapp“, erzählt Christine Fischer schmunzelnd.
Aber man merkt ihr an, dass sie manchmal, etwa bei spektakulären Neuzüchtungen, immer noch schwer widerstehen kann, ein Loch zu graben und ... Für die Fischers ist der Garten so etwas wie ein blühendes Familienmitglied geworden und lässt sich aus deren Leben nicht mehr wegdenken. Er lebt geradezu in Symbiose mit dem Ehepaar Fischer – und profitiert auch davon.
„Zu jedem Hochzeitstag schenken wir uns einen neuen Baum“, sagt die Gärtnerin, „das ist zwar ein Projekt für die Nachwelt, aber schon das Einpflanzen macht große Freude.“ Vor einiger Zeit kamen gleich zwei Bäume dazu: eine Sommerlinde und ein asiatischer Mammutbaum. So könnte, zusätzlich zum Rosengarten, noch ein richtiges Arboretum entstehen.
Schon vor einigen Jahren reifte in Christine Fischer der Wunsch, ihr duftendes Rosenparadies auch mit anderen Gartenliebhabern zu teilen. Und so gibt es jetzt die Möglichkeit, diese in steirische Hügel gebettete Pracht an zwei Gartentagen zu bewundern – zur allerschönsten Blütezeit.
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