Die Familie der Latschen: Über 90 Jahre Latschenbrennerei im Tiroler Kaiserbachtal
Im malerischen Kaiserbachtal am Wilden Kaiser in Tirol befindet sich eine der ältesten Latschenölbrennereien der Region. Theresa Dagn und ihr Ehemann Leonhard führen dieses traditionelle Handwerk bereits in vierter Generation.
Es ist angenehm warm im Brennstüberl der Latschenkieferbrennerei. Ein weiß-grauer Rauchschleier schwebt durch den Raum während der rauchig-holzige Latschenduft die Luft erfüllt.
Mit einem herzlichen „Griaß enk” werden wir von Theresa und Leonhard Dagn begrüßt. Auf knapp 1.000 Metern Höhe führen die beiden die traditionsreiche Brennerei seit Jänner 2024. Zuvor waren es Theresas Onkel Manfred Lehnert und dessen Frau Christl, die das Handwerk mit viel Leidenschaft und Hingabe betrieben haben. Eigentlich hatten sich die beiden schon damit abgefunden, dass es keine Latschenbrennerei in ihrem Namen mehr geben wird, da Sohn Thomas andere Wege eingeschlagen hat. Überraschend entschieden sich Physiotherapeutin Theresa und Landwirt Leonhard, den Betrieb zu übernehmen. Die Freude bei den Latschenbrennern war groß, es flossen Tränen und Wein, um zu feiern.
Die Ursprünge
Gegründet wurde die Brennerei von Theresas Uroma, Anna Hofmann, im Jahr 1933. Ursprünglich befand sich die Brennerei nicht im Kaiserbachtal, sondern in Kössen. Anna Hofmann war eine wahre Vorreiterin, die alles per Hand erledigte: Sie stieg selbst auf den Berg, zwickte Latschenzweige und fertigte daraus beste Latschensalbe. Drei junge Burschen halfen ihr damals, die Zweige zu bündeln zu binden, die dann auf einem Schlitten von Maultieren ins Tal transportiert wurden.
Danach übernahm Theresas Opa die Brennerei und zuletzt ihre Tante Christl. Ihr Onkel Manfred beschreibt die Uroma als „eine Frau, die ihrer Zeit 20 bis 30 Jahre voraus war. Sie war eine starke Frau, die alles alleine gemacht hat.” Theresas Onkel betont, dass die Frauen in der Familie generell starke Persönlichkeiten sind, in denen die Uroma weiterlebt. Über alle Generationen hinweg verbindet sie das selbstbestimmte Arbeiten in der Natur, das von Generation zu Generation weitergegeben wird.
Die Latschenkiefer
Der Wilde Kaiser gilt seit jeher als die Heimat des wertvollen und heilkräftigen Latschenkiefernöls. Der Bergkiefer, auch Latschenkiefer genannt, werden entzündungshemmende und durchblutungsfördernden Eigenschaften nachgesagt. Sie gedeiht auf kargen Felsen in Höhenlagen zwischen 1.500 und 2.300 Metern und entwickelt unter den extremen Wetterbedingungen der Alpen ihre charakteristischen, dichten und niedrigen Wuchsformen. Dabei produziert sie ein ätherisches Öl, das reich an wertvollen Vitalstoffen ist. Auf über 2.000 Meter Seehöhe ist die Wirkung vieler Pflanzen noch stärker als unten im Tal.
Die Herstellung
Um das antibakterielle Öl der Latschenkiefer herstellen zu können, braucht es nach Theresa und Leonhard Dagn vor allem zwei Dinge: Geduld und Zeit. Knapp 15 Stunden und 600 Kilogramm Latschenkieferzweige benötigt eine Destillation, um einen bis einenhalb Liter des ätherischen Öls herzustellen. Dabei muss alle 15 Minuten nachgeheizt werden. „Wenn ich nur fünf Stunden Zeit hätte, dann würde ich damit gar nicht anfangen. Dann würden wir die Qualität unseres Öls auch gar nicht hinbekommen”, erklärt uns Leonhard.
Destilliert wird ungefähr alle zwei Wochen. 15 Bündel, die zwischen 50 Kilogramm und 60 Kilogramm wiegen, werden den Berg hinabtransportiert und in der Brennerei mit einem Häcksler zerkleinert. Das dauert meist eine Stunde. Über eine Rutsche gelangt das zerkleinerte Pflanzenmaterial in den großen Destillationskessel. Der wird meist schon um halb sieben Uhr in der Früh angeheizt. Die Kunst dabei ist es, „langsam und gleichmäßig zu heizen”, erzählt Leonhart. Geheizt wird mit alten Latschenkieferzweigen, die sich zuvor im Destillationskessel befunden haben und getrocknet wurden. Das Kondensat der Latschenkiefer wird in ein Trenngefäß, den Florentinerkrug, geleitet. Dort trennen sich aufgrund der unterschiedlichen Dichte das Öl und das Wasser.
Die Destillation ist fertig. Nun wird das Latschenöl im nahe gelegenen Kössen gereinigt, gefiltert und abgefüllt. Natürlich muss auch der Destillationskessel geputzt werden. Das ist immer aufregend. Sobald der Kessel geöffnet ist, sieht man kaum die eigene Hand vor den Augen, da der Wasserdampf die gesamte Brennerei erfüllt.
Das Latschenkieferöl wird heute noch genauso hergestellt, wie es die Uroma getan hat. Lediglich die Ernte der Zweige hat sich verändert, dank der Hilfe von Traktoren. Und wie halten es die jungen Brenner mit der Aufgabenteilung? Leonhard kümmert sich um das Zwicken und die Brennerei, während Theresa von der Buchhaltung bis hin zum Versand der Produkte alles übernimmt. Geliefert wird auch nach Deutschland, Schweden und Norwegen.
Gut zu wissen:
Bei der Latschenbrennerei Hofmann können Sie naturreine Produkte wie Salben und Seifen, Duschbäder, Solebäder, Franzbranntwein und Gurgelsalz aus Hochgebirgslatschenkieferöl kaufen. Ab 10 Uhr ist der Verkauf geöffnet. Produziert wird das ganze Jahr über, gebrannt wird von Mai bis Oktober.
Sie können auch eine Führung in der Latschenbrennerei machen, und wer möchte, kann selbst mit anpacken und sich als Latschenheizer versuchen.
Latschenbrennerei Hofmann
Kaiserbachtal 5
6382 Kirchdorf in Tirol
Dieser Artikel entstand im Zuge der Servus Sommerfrische in der Region St. Johann in Tirol.
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