Die Weber von Guglwald: Besuch in der Weberei Kitzmüller
Sind wir da wirklich richtig? Wir haben ja schon fast die tschechische Grenze erreicht. Aber ein Blick auf die Karte beruhigt. Stimmt schon. Und so kurven wir, die Fotografin und der Schreiber, weiter durch die pittoresk schöne Landschaft des Oberen Mühlviertels. Einer Gegend, in der sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen und in die, wegen des hohen Erholungswerts, ab und zu moderne Wellnesshotels gesetzt werden. Manche sehen aus wie kleine Schlösser. Wer an ihnen vorbeifährt, wähnt sich schnell in einem Märchen. Auch die Adresse, die wir suchen, klingt danach: Guglwald 27.
Hier, in dem rund 100 Einwohner zählenden Örtchen, befindet sich die Weberei Kitzmüller. Ein kleiner Familienbetrieb, der feinste Textilien herstellt – wenn gewünscht auch nach individuellen Vorstellungen. Der wohlige Geruch von Lavendel kitzelt uns ein wenig in der Nase. Wir stehen, kaum dass wir eingetreten sind, mitten im Verkaufsraum und schnuppern nun an dem aromatischen Polster. Er ist uns erst gar nicht so sehr wegen seines Dufts, sondern wegen seines zart hellblau gestreiften Überzugs aufgefallen.
Wir mussten ihn angreifen. Überhaupt: Am liebsten würde man alle die bunten Stoffe berühren, die in den unterschiedlichsten Farbkombinationen leuchten und appetitlich wirken wie Seidenzuckerln. Nicht nur die Bettwäsche übrigens. Auch die Dirndlstoffe, das vielleicht zweitwichtigste Produkt aus dem Hause Kitzmüller, bestechen durch einzigartige Variationen.
„Wir produzieren mehr als 200 buntgewebte Stoffmuster. Größtenteils nach über lieferten Vorlagen“, sagt Erich Kitzmüller stolz. Während seine Frau Anneliese, die im Betrieb tatkräftig mitarbeitet, im Verkaufsraum geblieben ist, hat er uns in den ersten Stock geführt. Dort, im Büro, zeigt er uns seinen Schatz. Ein vergilbtes Buch, in dem kleine Stofffetzerln kleben und mit blasser Tinte Details zu Farben und Formen penibel aufgeschrieben sind. Es stammt noch von seinem Großvater, dem Firmengründer.
Flachs von eigenen Feld
Dieser Andreas Kitzmüller begann das Geschäft 1928 als Hand und Verlagsweberei. Weil er auch eine kleine Landwirtschaft betrieb und wie jeder Bauer damals im Mühlviertel Flachs anbaute, hatte er den Rohstoff zur Leinenverarbeitung quasi vor der Tür. Die Geschäfte gingen gut. Völlig klar, dass sein Sohn Walter 1966 die Firma übernahm. „Mir, der dritten Generation, wollte er nicht mehr zu diesem Schritt raten“, sagt Erich Kitzmüller.
Kein Wunder, die Situation hatte sich drastisch verändert. Die arbeitsintensive Herstellung der Produkte in Verbindung mit hohen Lohnkosten und Billigimporten aus Fernost hatte viele Betriebe in der Region zum Aufgeben gezwungen. Gab es in der Nachkriegszeit noch mehr als 80 Webereien im Mühlviertel, sind es heute nur noch eine Handvoll.
Dass Erich Kitzmüller, der die Firma nun auch schon wieder seit 1989 leitet, darunter ist, verdankt er einerseits seinem breiten Angebot – neben Bettwäsche in Karo und Streif sowie Trachtenstoffen werden auch Tisch und Küchenwäsche, Geschirr und Handtücher sowie Woll- und Fleckerlteppiche teilweise sogar noch mit der Hand hergestellt –, andererseits hat er Tradition mit heutiger Textilästhetik klug verknüpft. Und weil man auch individuelle Wünsche erfüllen und in geringen Mengen produzieren kann, hat sich die kleine Weberei einen großen Namen gemacht. Selbst Kunden aus Deutschland, der Schweiz oder Südtirol wissen mittlerweile, wo Guglwald liegt.
Laut ratternd und wie besessen schlucken die Webmaschinen ein wirres Fadendickicht, das sie als meterlange Stoffe wie der ausspucken. „Insgesamt verarbeiten wir etwa 40 Tonnen Garne jährlich“, erklärt Erich Kitzmüller. „90 Prozent davon sind aus Baumwolle, 10 Prozent aus Leinen.“ Zweifach oder mehrfach zu Zwirn gedreht und verarbeitet, sorgen die reinen Natur fasern für höchste Qualität.
Auf den Kettbaum gebäumt
Doch der Reihe nach. Zuerst schauen wir in die sogenannte Schärerei, wo die Herstellung aller Waren beginnt. Hier werden erst einmal die Garne, die sich auf Spulen befinden, auf das Schärgatter aufgesteckt. Grob vereinfacht gesagt, laufen dann die Fäden – das können pro Gewebebreite bis zu 5.000 Stück sein – zur Schärmaschine, in der sie durch das Geleseblatt dem Muster entsprechend sortiert werden. Das Schärblatt wiederum sorgt dafür, dass die richtige Fadendichte zustande kommt.
Wenn schließlich die gewünschte Länge und Fadenzahl erreicht sind, wird die Kette, das sind die Längsfäden vom Gewebe, auf eine überdimensionale Zwirnspule gewickelt. „Man sagt: auf den Kettbaum gebäumt“, erklärt uns Erich Kitzmüller.
Danach wird der Kettbaum in die Webmaschine gespannt. Je nachdem, wie man die Fäden miteinander verkreuzt, entsteht dann etwa Bettwäsche im traditionellen Bauernkaro oder mit lustigen Sprüchen verzierte Handtücher.
„Zum weiteren Veredeln geben wir aber vieles außer Haus. Zum Bedrucken etwa oder zum Sanforisieren – ein Verfahren, das verhindert, dass der Stoff nach dem Waschen eingeht“, sagt Kitzmüller. Denn alles könne der Familienbetrieb, der zehn Mitarbeiterinnen Arbeit gibt, nicht bewerkstelligen. Das wäre zu kostspielig. Und so näht und säumt man auch nur die Bett und Tischwäsche in der Weberei.
Welche Farben denn derzeit besonders gefragt sind, wollen wir, wieder zurück im Verkaufsraum, wissen. „Das hängt sehr stark von der Region ab“, schmunzelt die Annelie se. „Im Großen und Ganzen hält man in Österreich jedenfalls Rot und Grün die Treue, während die Nordbayern gern zu Blau oder Violett greifen.“ So wie auch jetzt die Dame aus Franken, die für ihr Landhäuschen was Besonderes sucht und es bei den Kitzmüllers sicherlich auch finden wird.
Weberei Kitzmüller:
Guglwald 27,
4192 Schönegg
Tel: 07219/60750
www.kitzmueller.at
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