Geweihkunde: Was uns das Hirsch-Geweih verrät
Das ausladende, endenfreudige Geweih sticht sofort ins Auge; über das Alter, die Gesundheit oder gar den sozialen Rang des Hirsches sagt es aber recht wenig aus.
Reif bedeckt die morgendliche Wiese, die Luft ist kalt und klar. Über dem herbstlichen Wald schweben Nebelfetzen. Die stimmungsvolle Kulisse ist bereitet: Vorhang auf für die Hirschbrunft.
Die Damen bevorzugen reifere Kaliber
Mit rund acht Jahren ist ein Hirsch völlig ausgewachsen und stark genug, den Platzhirsch zu geben. Er hat weibliches Rotwild um sich geschart und ist ständig damit beschäftigt, seinen Harem zusammenzuhalten und Nebenbuhler abzuwehren.
Immer wieder rammt er sein Geweih in den Boden und wirft erdige Grasbrocken durch die Luft. Auch Bäume und Sträucher werden mit roher Kraft bearbeitet, und das eigene Reich wird mit Harn markiert. Testosteron pur.
Dazwischen ertönt immer wieder sein tiefes, leidenschaftliches Röhren. Solche Gesangskunst bringt auch die weiblichen Tiere in Stimmung. Macht der Hirsch ein paarungsbereites Stück im Rudel aus, folgt er diesem mit gesenktem Haupt, bis er es – jagdlich gesprochen – beschlägt.
Die Damen bevorzugen eindeutig reife Kaliber. Jüngere Hirsche halten sicheren Abstand zum Brunftplatz und warten sehnsüchtig auf eine abseitsstehende Haremsdame und die seltene Chance, sich fortzupflanzen.
Für den Platzhirsch bedeuten diese Wochen Dauerstress, in denen er kaum Nahrung zu sich nimmt oder sich ausruhen kann. Fast ein Drittel seines Körpergewichts (Auhirsche wiegen bis zu 250 Kilo, Berghirsche bringen es auf maximal 150 Kilo) wird er bis Ende der Brunft verlieren.
Kämpfe auf dem Brunftplatz
Auf Brunftplätzen im Wald wird es manchmal eng: Ein anderer reifer Hirsch macht dem Platzhirsch die Stellung streitig.
Oft genügt die Stimme des Gegners, um dessen Stärke und Entschlossenheit abzuschätzen und so einen mitunter lebensbedrohlichen Kampf zu vermeiden. Aber der Herausforderer weiß, dass der Platzhirsch bereits Kraft gelassen hat. Die beiden nahezu gleich starken Hirsche staksen im Imponiermarsch nebeneinander her. Volle Breitseite, jeder prahlt selbstbewusst mit seinem muskelbepackten Rumpf und dem eigenen Kopfschmuck. Keiner gibt nach, es kommt zum Duell. Mit lautem Krachen fahren die Geweihe ineinander. Die Hirsche schieben sich in wildem Tempo schonungslos über Baumstümpfe und Wurzeln. Und dann ist der Kampf auf dem Brunftplatz entschieden.
Der Sieger schmettert dem flüchtigen Gegner einen letzten Kampfruf nach. Diesen Herbst wird er es sein, der für Nachkommen sorgt. Hoffentlich noch viele Jahre.
Kleine Geweihkunde
Das Geweih sagt bei der Hirschbrunft wenig aus: Weder über das Alter, die Gesundheit oder gar den sozialen Rang.
Abwerfen und schieben
Der Hirsch wirft sein Geweih jedes Jahr zwischen Februar und April ab und braucht rund vier Monate, um ein neues zu schieben. In dieser Wachstumsphase ist das noch weiche Geweih von samtigem Bast umgeben. Ist das Wachstum abgeschlossen, wird dieser an Sträuchern oder Bäumen abgestrichen oder – wie der Jäger sagt – der Hirsch „verfegt“. In den Alpen werden dabei Latschen, Lärchen, Zirben und Erlen bevorzugt, deren Pflanzensäfte die spätere Geweihfärbung – von hellbraun bis nahezu schwarz – beeinflussen.Vom Spießer bis zum Kronenhirsch
Das erste Geweih – meist in Form von zwei Spießen – schiebt der Hirsch im 2. Lebensjahr. Im darauffolgenden 3. Lebensjahr trägt der Hirsch oft ein Sechsergeweih: rechts und links je drei Enden. Alles, was er in den Folgejahren auf dem Haupt trägt, ist wenig vorhersehbar und hängt stark von Veranlagung und Lebensraum ab. In der Regel nehmen aber Gewicht, Stangenstärke und -höhe des Geweihs bis zu einem Alter von 10 bis 13 Jahren zu, erst im Greisenalter wird es deutlich schwächer. Der Hirsch „setzt zurück“.Was ist ein „Eisspross–Zehner“?
Was meint ein gestandener Hirschjäger mit einem „ungeraden Vierzehn-Ender“ oder „Eisspross-Zehner“? Um Hirsche übers Jahr sicher wiederzuerkennen, leistet das unterschiedlich ausgeformte Geweih gute Dienste. Die Geweihspitzen, „Enden“ oder „Sprossen“ genannt, sowie einzelne Abschnitte der Stangen haben eigene Namen – von der Stangenbasis, der „Rose“, bis zu den obersten Enden, der „Krone“. Dazu kommt noch die Anzahl der Enden, anhand derer ein Hirsch rasch wiedererkannt werden kann. Zur einfachen Bezeichnung nimmt man jene Geweihstange mit mehr Enden und verdoppelt diese. Hat die andere Geweihstange ebenso viele Enden, ist das Geweih „gerade“, verfügt die andere Stange aber über ein oder mehr Enden weniger, ist es „ungerade“. Auf unserer Zeichnung oben trägt der Hirsch links sieben Enden und rechts nur fünf – es ist also ein „ungerader Vierzehn-Ender“ zu sehen.
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