Wohnen, Hausbesuch, Haus, Tirol, Land, Holz
Foto: Josefine Unterhauser

Hausbesuch im Tiroler Stadlerhof

Im mehr als 550 Jahre alten Tiroler Stadlerhof leuchten nicht nur die Wände in kräftigen Farben. Kein Wunder: Das schillernde Anwesen gehört dem Künstler Josef Huber und seiner Frau Resi.
Text: Kathrin Thoma-Bregar, Fotos: Josefine Unterhauser

Tief verschneit ist der Tiroler Kaiserwinkel. Wiesen und Wälder tragen reines Weiß. Der Winterhimmel setzt ein dezentes, blasses Blau dagegen. Josef Huber ist da schon mutiger. Er hat dem Mauerwerk seines Stadlerhofs einen sommergelben Anstrich verpasst, der zum wettergegerbten Braun des Holzblockaufbaus einen fröhlichen Kontrast bildet. Über 550 Jahre ist er alt, der ein wenig schief anmutende Tiroler Bauernhof – ganz selbstverständlich schmiegt er sich an ein weitläufiges sonniges Hochplateau. In der Ferne liegen das prächtige Gebirgsmassiv des Zahmen Kaisers und das langgezogene Inntal.

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Kaminfeuer und Farbenrausch

Der Schnee knirscht unter den Füßen. Noch ein paar Schritte, dann sind wir da. Josef Huber empfängt seine Gäste mit festem Handschlag, knisterndem Kaminfeuer und einem Farbenrausch. Wände in Knallpink und leuchtendem Türkis. Polster und Decken in Puderrosa, Blutrot und Sattlila. Prächtige Kelims, Orient- und Perserteppiche. Dazu erdige, warme Polstermöbel, Samtbezüge und Schaffelle. Zur Zier Lampen vom Flohmarkt, Kronleuchter und Nippes, sogar eine Jukebox gibt es.

Es ist ein Tiroler Bauernhof in schillern- dem Gewand. Verspielt, inszeniert, heiter. Im bodenständigen Rahmen aus Deckenbalken, Cottoboden und Kastenfenstern.

Servus Mondpost

In der Stube wuchs Moos

Das Haus ist das Reich eines Künstlers. Josef Huber ist Maler und fertigt Keramiken. Seine Ölbilder, Zeichnungen und Skulpturen finden sich überall: in der Stube, den Gängen, im Stiegenaufgang und am stillen Örtchen. Der Stadlerhof ist sein Rückzugsort, sein Lebensraum, sein Atelier.

Knapp vierzig Jahre ist es nun schon her, dass der Tiroler das zweigeschoßige Anwesen – bestehend aus Wohntrakt, Stall- und Wirtschaftsgebäude – erworben hat. Damals war es eine Ruine. Das Dach hatte Löcher, die Bodenbretter waren morsch und brüchig, und bei starkem Regen floss das Wasser zur Haustür herein und zur Stalltür wieder hinaus. Ja, und in der feuchten Stube wuchs Moos unter der Bank.

„Alle haben gelacht, als ich den Hof gekauft habe. Aber für mich war es eben ein Traumhaus“, sagt Josef Huber, der ganz in der Nähe geboren und aufgewachsen ist. Schritt für Schritt hat er das Gebäude, das 1480 erstmals urkundlich erwähnt wurde, aus seinem Dornröschenschlaf erweckt. Hat vieles selbst gemacht und oft auch die Hilfe von Freunden und seiner Familie in Anspruch genommen.

Eine der ersten Arbeiten: „Wir haben eine Drainage gelegt und neue Fenster im Erdgeschoß eingebaut. Das haben wir von unserem Heiratsgeld bezahlt“, erzählt der 62-Jährige und blinzelt seiner Frau Resi zu. „Sie ist meine große Liebe“, sagt er. „Seit unserem 15. Lebensjahr sind wir ein Paar.“

Wunderbares Raumklima

Die Instandsetzung des gesamten Hofs zog sich freilich über Jahrzehnte. Schließlich galt es, nicht nur das gesamte Dach zu erneuern, auch ganze Gebäudeteile mussten abgerissen und wiederaufgebaut werden. Und auch im Innenbereich gab’s jede Menge zu restaurieren – von den Böden bis zu den Türen und Decken. „Die Decken zum Beispiel haben wir mit Strohmatten und Lehmputz erneuert. Das schafft ein wunderbares Raumklima“, sagt der Hausherr.

Mitte der 1990er-Jahre zog dann auch eine Heizung im Hof ein. Bis dahin war die Wasserschale für Burli, den Vorgänger von Haushund Kira, im Winter oft eingefroren.

Aber das ist längst Geschichte, die Umbauarbeiten sind abgeschlossen. Die Küche hat sich zum zentralen Platz im Haus entwickelt. Hier versammeln sich Familie, Freunde, Kunstliebhaber um den großen Tisch. Kinder lieben die breite Lümmelbank neben dem Ofen, dessen Kacheln Josef Huber übrigens selbst gefertigt und bemalt hat.

Die verschiedenen Wohnbereiche des Hauses. (Fotos © Josefine Unterhauser)

Ein Schatz vom Urgroßvater

Ganz besonders hängt sein Herz auch an einer alten Truhe aus dem 18. Jahrhundert. Der Urgroßvater seiner Frau war damit nach Amerika ausgewandert – und später wieder zurückgekehrt. Ein wahrer Schatz!

Anderes hat Josef Huber auf Flohmärkten gefunden. Die Kristallluster und Bauernschränke, den Pfauensessel aus Indien, die Engelsfiguren und Kerzenleuchter – alle tragen sie zum einzigartigen Charme des Hauses bei.

„Meine Frau und ich dekorieren und arrangieren beide gerne. Oft stellt sie irgendwo was hin, und ich stelle was dazu – und dann ist es perfekt“, sagt der Hausherr.
Eine Zitat des Hausherrn

Oder er fügt die unterschiedlichsten Fundstücke zu einem Objekt zusammen – wie etwa zum „Heldendenkmal“, für das der Künstler unter anderem Puppen, Vasen, Federn, einen Keramikengel, ein Sparschwein und eine Krone verarbeitet hat.
Es steht auf dem Kaminsims, der ebenfalls Handarbeit ist, gemauert mit Steinen von der Gabnalm in Rettenschöss.

Vor einiger Zeit haben Josef und Resi Huber das Atelier unterm Dach in eine offene Wohnung mit großer Küche umgebaut. Hier lebt auch Tochter Sarah mit ihrem Sohn Noel.

Den zweigeschoßigen Wohntrakt des Stadlerhofs hingegen vermieten die Hubers mittlerweile als Ferienwohnung. Gäste aus der ganzen Welt schätzen die Atmosphäre des Hofes, die Abgeschiedenheit und das Bergpanorama. Und greifen unter Anleitung von Josef Huber auch gern zu Pinsel und Leinwand.

„In unserem Hof fühlen sich alle wohl, nicht nur ich. Der Kauf war ein Glücksfall. Alles, was danach Gutes kam, resultiert daraus“, sagt Josef Huber zufrieden.

Im Inneren des Hauses wird es gemütlich. (Fotos © Josefine Unterhauser)

Der Hausbesuch erschien in der Servus in Stadt&Land-Jänner Ausgabe 2017.

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