Gramais – Ein Dorf, zum Sterben zu schön
„Heimatleuchten“ nimmt uns mit in die kleinste eigenständige Gemeinde Österreichs. Wir lernen ihre Bewohner kennen und gehen der Frage auf den Grund, was es eigentlich braucht, um sich die Selbstständigkeit zu bewahren.
Lust auf mehr Geschichten aus der Heimat? Bei uns gibt es ab sofort die besten Folgen "Heimatleuchten" hier auf einen Blick.
Im hintersten Winkel des Tiroler Lechtals liegt das verschlafene Dorf Gramais. Der kleine Ort am Ende Tirols beheimatet 41 Einwohner, darunter drei Kinder, eine Jugendliche, einen Bürgermeister und eine Handvoll Zuwanderer. Weder Schule, Arzt noch Geschäft finden sich hier. Aber ein Wirtshaus, eine Kirche und eine Yogaschule. Es klingt wie ein Widerspruch, ergibt aber Sinn für die Menschen, die hier leben.
Die Sendung „Heimatleuchten“ ist immer freitags ab 20:15 Uhr auf ServusTV zu sehen. Weitere Infos und die Sendungen zum Nachsehen gibt es auf servustv.com/heimatleuchten.
Gramais liegt am schensten Ende der Welt. Da is fertig, da kimmt nix mehr.Roland Scheidle, Dorfwirt
Menschen mit vielen Aufgaben
Michael Fasser ist Revieroberjäger in vierter Generation. Außerdem führt er seit über 20 Jahren das Dorf als Bürgermeister an. Das Amt würde er liebend gern abgeben, erzählt er uns. Schlange stehen die Nachfolger jedoch bisher nicht. Hat doch jeder viel zu tun, hier in dem Ort am Ende der Sackgasse.
Überhaupt tragen die Menschen hier viele verschiedene Hüte. Denn damit die Gemeinde eigenständig funktioniert, braucht es Personen, die Verantwortung übernehmen. So kommt es nicht überraschend, dass der pensionierte Volksschuldirektor Werner Friedle in seiner Laufbahn schon Bürgermeister, Gemeindesekretär, Bergwacht-Einsatzleiter, Dorfchronist, Mesner und Orgelspieler war. Es wird halt gemacht, was gemacht werden muss.
Es is wia a Familie – wenn’s brennt, dann helf’ ma zam.Roland Scheidle, Dorfwirt
Die einzige Jugendliche des Ortes, Vanessa, ist die Enkelin des ältesten Gramaisers, Adolf Scheidle. Und während sich der Großvater gemeinsam mit Sohn Bernhard Scheidle, der übrigens auch Gemeindearbeiter, Taxifahrer und Skiliftbetreiber ist, um Stall und Vieh kümmert, fährt Vanessa zuerst mit dem Privattaxi, dann mit dem Bus mehr als 50 Minuten zur Schule nach Reutte. Ob sie in Gramais bleiben will, hat sie noch nicht entschieden. Papa und Opa würden es sich auf jeden Fall wünschen, dass sie einmal übernehmen würde, was von der Familienwirtschaft noch übrig geblieben ist.
Einfach zum Verlieben
Über die Jahre sind viele der Nachkommen abgewandert aus Gramais. Zugewandert sind aber auch ein paar, vor allem aus Deutschland. Geblieben sind sie meist der Liebe wegen. So auch Sabine Singer, die nach über 20 Jahren in Gramais zwar a „Hiesige“ ist, aber noch immer nicht „gscheit“ spricht.
Verliebt in diesen besonderen Ort sind die Touristen, die für bis zu 12.000 Nächtigungen im Jahr sorgen. Eine ganz schöne Leistung für ein so bescheidenes Dorf, und die wichtigste Einnahmequelle. Und wer weiß, vielleicht bleiben ja in Zukunft noch mehr Menschen da und helfen der Gemeinde dabei, wieder zu wachsen und somit ihre Eigenständigkeit zu bewahren.
Es wird niemals passieren, dass diese Gemeinde zu irgendeiner anderen Gemeinde gehört. Sie wird immer eigenständig sein. Hundertprozentig.Claudia Lindner, Grafikdesignerin, Zuwanderin