Anzeige

Brauchtum

Wie man Glück messen und finden kann

Was ist Glück? Woran erkennt man, dass man glücklich ist. Und: Ist es möglich, ihm auf die Sprünge zu helfen?

Ballonfahrer, Glücksformel, Suche nach dem Glück
Foto: Verena Schellander
Auf der Suche nach dem Glück? So kann man es vielleicht für sich finden.

Viel Glück! So ein Wunsch geht einem gerade um den Jahresbeginn leicht über die Lippen. Dabei ist das Glück schwer zu fassen, so individuell wird es empfunden, so schwierig ist die Definition. Das beginnt beim Wort, das aus dem 12. Jahrhundert stammt und sich vom mitteldeutschen gelucke oder gelücke ableitet. Damit soll das Zufallsglück gemeint worden sein, also jenes, das den Menschen ohne eigenes Zutun ereilt. Um das 16. Jahrhundert kam eine weitere Bedeutung hinzu: Wem etwas glückte, dem gelang dies aus eigener Kraft.

Anzeige

Wie man Glück messen kann

Das Glück des Menschen abzubilden versucht die Hirnforschung, indem sie die Durchblutung in den entsprechenden Arealen misst. Der Neurophysiologe Jürgen Sandkühler von der Medizinischen Universität Wien sagt: „Ein Glückszentrum lässt sich dabei nicht eingrenzen, denn es sind ganz unterschiedliche Emotionen aktiv.“ Ähnlich verhalte es sich mit den sogenannten Glückshormonen und Botenstoffen: Sie reagieren so unterschiedlich wie das Individuum selbst und abhängig von der jeweiligen Situation. „Glück ist“, so lautet die Definition des Mediziners, „wenn die positiven Gefühle gegenüber den negativen überwiegen.“

  • Jede Emotion habe aber eine Funktion im Leben:
    Die Angst etwa kann zu Vorsicht führen und diese wiederum vor Unglück bewahren. Wem Unglück erspart bleibt, empfindet deshalb oft Glück.

  • Eine freundliche, stabile Umgebung, sagt Jürgen Sandkühler, sei jedenfalls förderlich für das Wohlbefinden eines Lebewesens, da es sich freier bewegen und besser entfalten könne. Das schließe Tiere mit ein.

Servus Mondpost

Die Glücksformel

Um das Lebensglück zu bestimmen, bedient sich die Forschung des Mittels der Befragung, wobei Testpersonen ihre Empfindungen auf einer Skala von 0 bis 10 bewerten. Auf diese Weise lässt sich nicht nur die individuelle Verfassung eines Einzelnen bestimmen, sondern sogar die Befindlichkeit eines ganzen Landes. Laut Erkenntnissen aus der Ökonomie sind Gesellschaften insgesamt glücklicher, die finanziell gut gestellt sind. Allerdings steigt die Zufriedenheit nicht linear mit dem Einkommen an. Denn: Wer Hunger hat, freut sich über einen Apfel. Bei dem fünften Apfel freut er sich weniger und schon gar nicht fünfmal so viel.

„Reich und schön zu sein ist kein Garant für Lebensglück“, sagt der Mediziner. „Solche Leute haben ganz andere Ansprüche und in mancher Hinsicht einen Sättigungsgrad erreicht, den sie kaum noch steigern können.“ Der Mensch stellt nämlich ständig Vergleiche an: mit früher und heute, mit sich selbst und anderen.

Am zufriedensten ist er deshalb dann, wenn er seine Lebensumstände in Bezug mit seiner Umgebung verbessern konnte. Das Beispiel mit dem Apfel ergänzt der Mediziner: Zu teilen könne das Wohlbefinden heben. „Das stärkt die Bindung an das soziale Umfeld, also Freunde und Familie. Soziale Kontakte sind ein wesentlicher Aspekt für das Lebensglück.“

Zufälle, Arbeit und Genuss

Das unverdiente Zufallsglück ist ein flüchtiges, das erarbeitete Lebensglück hat mehr Gewicht. Wer das Geld eines Lottogewinns verliert, ahnt, dass die Chance, erneut sechs Richtige zu tippen, gering ist. Wer hingegen aus eigener Kraft ein positives Umfeld erarbeitet, kann bei einem Rückschlag weiterhin auf seine Fähigkeiten bauen, nach dem Motto: Was ich einmal geschafft habe, schaffe ich wieder!

Das Glück vor allem an das Erreichen von Zielen zu knüpfen, ob beruflich oder privat, davon hält Jürgen Sandkühler wenig. „Der Genuss“, sagt er, „darf nie zu kurz kommen.“ Das veranschaulichte schon der deutsche Schriftsteller Heinrich Böll 1963 mit seiner Anekdote zur Senkung der Arbeitsmoral: Darin trifft ein Tourist auf einen alten Fischer, der nach getaner Arbeit in seinem Boot schläft. Der Tourist schlägt ihm vor, er solle doch mehrmals pro Tag ausfahren und viel mehr Fische fangen, damit er später sein Leben genießen könnte. Der Fischer sagt: „Aber das tue ich ja schon jetzt.“

Wege, um das Glück zu finden

Der Mensch strebe zum einen nach Wurzeln, sagt der Salzburger Psychotherapeut Thomas Wörz, denn sie geben Geborgenheit und Sicherheit. Zum anderen wünsche er sich Flügel, um frei zu sein, sich selbst zu verwirklichen. „Glück ist“, sagt er, „beide Bereiche unter einen Hut zu bringen.“ Dann stellt sich ein Gefühl der Freude ein und der Gewissheit, in Kontakt mit sich selbst und mit allen Sinnen zu stehen.“

Obwohl manche meinen, Zufriedenheit stelle sich automatisch ein, wenn es keine Probleme gebe, sei das Gegenteil der Fall; mit der Einschränkung, dass es sich bei den Problemen um lösbare Aufgaben handeln müsse.

  • „Herausforderungen zu bewältigen löst Glücksgefühle aus“, erklärt Thomas Wörz. Das muss nichts mit Leistung zu tun haben.

  • Auch schlechte Angewohnheiten aufzugeben kann glücklich machen.

  • „Glück findet statt“, sagt der Motivationstrainer, „wenn du etwas angehst, dabei aber loslassen kannst, um im Hier und Jetzt zu sein. Wenn du deine Tätigkeit liebst, wirst du mit Glück belohnt.

Ein Beispiel anhand zweier Bergsteigerinnen: Die eine strebt bloß nach dem Ergebnis, sie will das Gipfelkreuz erreichen. Nur wenn sie diese Erwartung erfüllt, wird sie sich glücklich fühlen. Die andere will auch nach oben, genießt aber jeden Schritt der Wanderung. Das Erreichen des Ziels ist für sie nur die Folge des Weges.

Das Glück trainieren

Wichtig sei, sagt der Experte, sich selbst zu vertrauen. Das lasse sich trainieren. Sein Rat:

  • „Vor dem Einschlafen überlegen, was untertags gelungen ist, welche schönen sozialen Momente passierten, welche positiven Sinneseindrücke es gab.“ Dem Glücklichen gelinge vieles wie von selbst: „Es ist ein Zustand, in dem man aktiver und sicherer ist, sich unfehlbar fühlt, über den Dingen steht.“ Plötzlich habe man gar das Gefühl, Fortuna stelle sich ein.

  • „Selbsterfüllende Prophezeiung“ heißt die Zauberformel. Wer daran glaubt, dass die Dinge funktionieren, sieht vieles, was als Bestätigung für den richtigen Weg gedeutet werden kann. Positive Gedanken an bereits Gelungenes oder motivierende Glaubenssätze vermitteln Sicherheit.

  • Auch ein Gegenstand, dem man magische Kräfte zuschreibt, gibt Halt. Sind das heutzutage eher Kleidungsstücke, die bereits Glück brachten, schworen Menschen früher auf Talismane und Amulette oder auf Schutz- und Segenszeichen mit der Darstellung der Jungfrau Maria, Jesu Christi oder diverser Heiliger. „Die bis heute zu Silvester verschenkten Glücksbringer entwickelten sich aus den Neujahrsgaben, die für viele ein Zubrot zu ihrem kärglichen Lohn und daher lebenswichtig waren“, sagt Kathrin Pallestrang, die eben eine Glücksschwein-Schau im Volkskundemuseum in Wien kuratiert.

Warum wie Glücksbringer überreichen

Auch Handwerker gingen von Tür zu Tür, um Glück zu wünschen – wie bis heute der Rauchfangkehrer, der sich auch als Symbol gehalten hat. Die längste Geschichte haben allerdings die Münze und der Fisch. Dass sie zu Jahreswechsel verteilt werden, hat seine Ursprünge, wie das Fest selbst, in der Römerzeit. Erst Papst Eugen IV. verlegte im 15. Jahrhundert das Verteilen von Gaben vom 1. Jänner auf Weihnachten. „Heutzutage hat das Schenken eines Glücksbringers eher sozialen Charakter“, sagt Kathrin Pallestrang.

„Wer einen Glücksbringer weitergibt, will dem anderen sagen: mir liegt etwas an dir. Wer einen bekommt, der weiß: Ich habe einen Platz in der Gesellschaft.“ Das ist laut Forschung besonders wichtig für das Lebensglück.

Anzeige