Gartenbesuch im Südburgenland
In diesem Hanggarten im südlichen Burgenland ist der Herbst ein echter Höhepunkt. Die sorgsame Pflege dieses Idylls hat das Leben von Birgit Deutsch verändert.
„Also so etwas wie eine Herbst- oder Winterdepression, das kenn ich gar nicht“, sagt Birgit Deutsch und strahlt dabei wie das Herbstlicht im Garten, „denn jetzt, und dann auch im Winter, leuchten die Farben direkt in die Räume herein und tauchen alles in goldenes Licht.“ Die Farben stammen von leuchtend roten Japanischen Ahornen.
Gleich daneben verfärbt sich ein Tulpenbaum gelb, und darunter stehen viele Funkien, die ebenfalls langsam Gelbtöne annehmen. Dazu bieten Büschel von Gräsern, letzte Rosen, liebliche Herbstanemonen und exotisch wirkende Krötenlilien einen bezaubernden Anblick. Es ist wirklich so: Der Herbst ist einer der Höhepunkte in diesem Prachtgarten bei Deutsch Kaltenbrunn, der einmal ein riesiger Obstgarten war und kaskadenartig über einen breiten Hang abfällt.
Ein Hausbau mit Gärtnerauflage
Deutsch Kaltenbrunn, das ist ein nettes Dorf im hügeligen Südburgenland. Und einen so detailreich gestalteten Garten voll von südenglischen Inspirationen, erwartet man hier kaum.
Birgit und ihr Mann Markus stammen beide von hier, kannten sich als Kinder aber nur vom Sehen. Erst beim Tanzen im örtlichen Gasthaus sind sie einander begegnet; da waren beide in ihren Zwanzigern. Als das Paar dann heiratete, gab es die Möglichkeit, das zukünftige Wohnhaus an jenes von Markus’ Eltern anzubauen, das am Rand eines 1,3 Hektar großen, abschüssigen Obstgartens lag.
Mit einer Auflage: „Den müsst jetzt ihr bepflanzen“, meinte Birgits Schwiegervater aufmunternd. Also wurde in die Hände gespuckt und als Erstes die Böschung vor dem Haus bepflanzt. Als Nächstes wurde der Gartenteich in Angriff genommen. Angeregt durch diese Arbeiten, studierte Birgit unzählige Gartenzeitschriften. Alles, was ihr da ins Auge stach, wollte sie am liebsten auf der Stelle verwirklichen.
Doch aller Anfang ist selten leicht, und so ein steiler Hang ist schon eine besondere Herausforderung. „Mit meinem heutigen Gartenwissen hätte ich so einiges anders gestaltet“, erzählt Birgit von ihren kreativen Anfängen, „zum Beispiel einige Terrassen mehr in den Hang gegraben – doch jetzt ist das bei diesen Dimensionen nicht mehr machbar.“
All das ist jetzt auch schon wieder mehr als fünfzehn Jahre her, und aus Erfahrung wird man klug: Trotz Steilhang haben sich die vormaligen Obstwiesen in einen Landschaftsgarten verwandelt, der mit dem lieblichen burgenländischen Umfeld verschmilzt.
Die Faszination für Gärten wirkte sich nachhaltig auf Birgits Leben aus: 2006 machte sie eine Ausbildung zur Landschaftsgärtnerin und Grünraumgestalterin, bestand diese mit Auszeichnung und werkt seither in vielen Gärten im Südburgenland und in der Oststeiermark. Das hatte auch Auswirkungen auf ihr eigenes Gartenreich. Das erlernte Pflanzenwissen und die Erfahrungen wurden dort gleich umgesetzt. „Man lernt immer etwas Neues dazu“, freut sich Birgit. „Und ein Garten ist ja niemals wirklich fertig, da ist immer alles in Bewegung.“
Gräser zittern im Wind
Als der Teich angelegt wurde, kam für Birgit nur eine Bepflanzung mit Bambus und anderen Gräsern infrage. So fanden das imposante Chinaschilf, das Lampenputzergras und das Federgras für trockene Plätze, Feuchtigkeit liebendes Pfeifengras und noch viele, viele andere zauberhafte Grasschönheiten in Birgits Garten ihre Heimat. Ein wunderbarer Anblick: Die Gräser wogen etwa ab Mai in den Beeten, Sie blühen bis in den Herbst hinein und zittern sanft im Wind.
Durch ihre neu gefundene Leidenschaft erwachte in Birgit Deutsch auch das Interesse an Gartenreisen nach England. Gemeinsam mit einem befreundeten Ehepaar erforschten Birgit und ihr Mann Markus 2005 zum ersten Mal die „Insel der Gartenliebe“. In Kent und in Sussex besuchten sie Sissinghurst Castle, Great Dixter, Pashley Manor, Leeds Castle und Hever Castle. Die vielen von dort mitgenommenen Eindrücke setzte Birgit dann in ihrem Garten um.
In all den Jahren hat Birgit in ihrem Garten viele Bäume und Sträucher gepflanzt. Und so ist hier nach und nach auch ein richtiges Arboretum entstanden: Amber-, Trompeten- und Tulpenbaum, Zeder, Trauerweide und Mammutbaum, Roteiche, Linde, Blutpflaume, Magnolie und verschiedene Japan-Ahorne sind über den ganzen Hang verstreut gesetzt worden.
Von den ursprünglichen, alten Obstbäumen sind rund 30 Stück erhalten geblieben. Vom Frühling bis in den Spätherbst werfen sich hier außerdem querfeldein unzählige Blütensträucher wie Blumen und Etagen-Hartriegel, vier verschiedene Judasbäume (im April ein Traum in Pink), Zierkirsche und Zaubernuss in Schale.
Besondere Herbst-Höhepunkte
Ende Februar beginnt dann die Blühsaison mit der entzückenden Zaubernuss; und sie endet tief im September mit den „7 Söhnen des Himmels“, einem ausgefallenen chinesischen Gehölz, „das leider bei uns viel zu wenig gepflanzt wird“, schwärmt Birgit von diesem wunderbaren, dabei ganz unkomplizierten Strauch.
Viele ihrer Gehölze werden nur der Herbstfärbung wegen gesetzt, auch wenn sie das restliche Gartenjahr über nicht viel hermachen – wie z. B. der Eisenholzstrauch, der dafür ein wahrer Herbsthöhepunkt ist. Dazwischen leuchten jetzt im Oktober späte Hortensien und einige Herbstastern.
In die alten Apfelbäume wurden Kletterrosen gepflanzt. Und so strahlen dort jetzt büschelweise in Rot und Orange die Hagebutten heraus. Bis schließlich der Frost einsetzt, blühen die Herbstanemonen mit Schmuckkörbchen, Prachtkerzen und späten Rosen um die Wette.
„All die viele Arbeit, die so ein großer Garten macht, ist zwar ein Teil des Ganzen – und ich mache sie auch wirklich ausgesprochen gern“, erklärt Birgit Deutsch gegen Ende des Besuchs, „aber das Allerwichtigste ist für mich eigentlich die Ruhe, die der Garten auf mich ausstrahlt. Diese Ruhe ist ein Genuss. Und die bietet mir mein Garten täglich.“
Dieser Gartenbesuch erschien in der Oktober-Ausgabe des Servus Magazins 2013.