Hausbesuch in einem verrücktem Bauernhaus
In einem Weiler bei Rosenheim fahren zwei randvoll beladene Sattelschlepper vor. Irmgard und Joachim Adamek schauen gespannt. Es ist ihr Haus, was da gebracht wird. Oder vielmehr das, was von einem Haus bleibt, wenn man es zerlegt: ein Berg aus Brettern, Balken, Leisten und vielem mehr. „Die Nachbarn haben nur den Kopf geschüttelt. Und auch wir waren fassungslos“, erzählt Irmgard.
Neues Leben auf dem Land
Kleine Zeitreise ins Jetzt: Der Birnbaum an der Hauswand treibt Knospen. Türen und Fenster sind weit geöffnet. Der Kater zieht schnurrend umher. Es ist genauso beschaulich, wie es sich die Adameks erträumt hatten, als sie noch in München daheim waren.
Fast jedes Wochenende fuhren sie damals Richtung Alpen. Bis sie beschlossen, dass es andersherum doch viel schöner wäre: Wohnen zwischen Sims- und Chiemsee und arbeiten in der Stadt. „Aber wir fanden keinen alten Bauernhof.“ Stattdessen erwarben sie ein Grundstück und fassten einen Plan: woanders ein Haus zu kaufen, abzutragen und genau hier aufzubauen.
Ihr Schwager entdeckte im Pinzgau ein leerstehendes Bauernhaus aus Holz, im First die Jahreszahl 1780. Ein Obstler mit dem Besitzer, und Kauf und Abbau waren besiegelt.
Was die Adameks nicht ahnten: Das gesamte Parterre war morsch. „Nachdem das ‚Haus‘ abgeladen war, haben wir tagelang nur sortiert. Einen Stapel für die Hausfront, einen für hinten, einen für oben, einen für den Müll.“ Auf dem Stapel mit dem Müll landete etwa das gesamte Erdgeschoß „und ein doppelsitziges Plumpsklo“.
Bei einem Maurer gab das Ehepaar ein neues Erdgeschoß in Auftrag. Der alte Holzaufbau wurde oben draufgesetzt. Zwei Jahre dauerte der Hausbau, vier weitere der Innenausbau. Denn Einrichtungsteile, die fehlten, trug das Paar erst nach und nach zusammen. Wurde irgendwo ein Hof ausgeräumt, fuhren sie hin. Die Küchendecke stammt aus Linz, die handgeschlagenen Ziegel in der Diele aus Bad Aibling.
Endlich angekommen
Längst ist das Haus fertig und mit Sammlerstücken und Reiseandenken möbliert. Besucher staunen über Teppiche aus Afrika und Vorhänge aus Thai-Seide. Aus Mexiko, wo die Familie fünf Jahre gelebt hat, stammen blau gemusterte Steinwaschbecken, verzierte Lampen und leuchtende Überwürfe. Man hat so das Gefühl, dass hier eine Familie, die in München und in Mexiko lebte und um die Welt reiste, endlich ankommen und spüren wollte: Hier sind wir daheim. Und das ist sie jetzt.
Dieser Hausbesuch erschien in Servus in Stadt & Land im Mai 2018.