Tierisch gut
Manchmal ist es kein Weg, sondern ein Labyrinth, das zum Erfolg führt. Dass Thomas und Gerhild Koch ihn gefunden haben, ist einer Reihe schicksalhafter Zufälle und gutem Timing geschuldet – und Schafen.
Ein Video von zwei Lämmern, eines weiß und eines schwarz, Köpfchen an Köpfchen schlummernd im Stall, musikalisch untermalt von John Paul Youngs „Love Is in the Air“. Einmal wischen, und auf dem Smartphone erscheint ein anderes Video: Volksmusikerin Melissa Naschenweng bedankt sich für die SHOAF-BAUER-Haube, die sie auf dem Kopf trägt, und sagt in die Kamera, dass sie hofft, Gerhild und Thomas Koch bei einem ihrer Bergbauernbuam-Konzerte zu sehen. Thomas Koch ist es auch, der als Schafbauer bzw. SHOAF-BAUER mit seinem Social-Media-Auftritt eine erfolgreiche neue Art gefunden hat, Landwirtschaft einem breiten Publikum näherzubringen. Auf Facebook folgen ihm bereits über 5.000 und auf Instagram über 1.000 Personen. Dabei war das nie seine Absicht.
Nach einer Gehirnhautentzündung fand sich der Intensivkrankenpfleger vor etwa fünf Jahren plötzlich auf der anderen Seite seines Arbeitsplatzes wieder und musste sich beruflich neu orientieren. So machte er seine Schafe, die er bereits zuvor hobbymäßig neben seinem Vollzeitjob gehalten hatte, zu seinen Social-Media-Models und ganz nebenbei sein Hobby zu seiner Berufung.
Neu sortieren
Die Arbeit in dem kleinen Schafbetrieb in Moosburg, der schon seinem Vater gehört hatte, war für Thomas und seine Familie, bestehend aus seinen beiden Söhnen aus erster Ehe und seiner Frau Gerhild, die zwei Töchter aus erster Ehe in die Beziehung mitbrachte, immer selbstverständlich.
„Als ich das erste Mal zu Thomas nach Hause gekommen bin, habe ich mich in den Hof gleich mitverliebt“, erinnert sich Gerhild. Seit gut zehn Jahren packt sie nun schon im Betrieb mit an, und auch die Kinder im Alter von 17 bis 22 helfen fleißig mit. Den Wert ihrer Arbeit hat ihnen ihr Vater früh beigebracht. „Wenn es Zeit für neue Schuhe war, habe ich ihnen das Geld für durchschnittliche Schuhe gegeben. Wer die teure Marke haben wollte, musste sich was dazuverdienen“, sagt Thomas verschmitzt.
Als er plötzlich erkrankte, standen Gerhild und die Kinder von heute auf morgen alleine mit den rund 150 Tieren da. Aber nicht lange. Als klar wurde, dass er seinen Beruf nicht mehr ausüben konnte, kaufte Thomas einen Schwung Schafe dazu und setzte sich intensiv damit auseinander, wie er seine Tiere möglichst effizient und nachhaltig vermarkten könnte.
Daraus enstand auch das Projekt SHOAFship, quasi eine Patenschaft für Schafe. Zu gestaffelten Paketpreisen mietet man ein Mutterschaf, das man regelmäßig besuchen kann. Die Bandbreite des Paketumfangs reicht vom Erhalt von Lammprodukten wie Fleisch, Fell und Wolle bis zur Rettung eines Schafs, das künftig keine Lämmer mehr zur Welt bringen muss, sondern nur noch Schaf sein darf.
Gemeinsam erfolgreich
Inzwischen hat es der SHOAF-BAUER geschafft, zu einem der erfolgreichsten Kleinbetriebe in seiner Sparte zu werden. Das Geheimnis: weg vom Schubladendenken. Thomas und Gerhild stehen für enge Zusammenarbeit unter Landwirten ein. Sie beweiden Flächen anderer mit ihren Schafen, mieten sich Heustadl und Traktoren. Mittlerweile bewirtschaften Thomas und Gerhild ca. 80–100 Hektar mit rund 350 Mutterschafen. In ihrem Hofladen verkaufen sie jeden Samstag frisches Lammfleisch und beliefern Gastrononomiebetriebe wie die Restaurants Goldenes Lamm, Okto Dining und Zaika sowie den Gasthof Schattleitner. Zudem schreiben sie gerade ein Buch über Schaf-Direktvermarktung.
Ihr Ziel ist recht simpel: „Seit Jahren liegt der Pro-Kopf-Verbrauch von Lammfleisch in Österreich bei etwa 0,8 Kilogramm. Wir wollen ihn auf 8 Kilo hochbringen“, erklärt Thomas. Das ist zwar ein stolzes Ziel, leuchtet jedoch ein: Immerhin ist das Schaf das älteste Nutztier, führt ein umweltschonendes Leben im Einklang mit der Natur und wurde von jeher exklusiv und artgerecht gehalten. Und dass sich die Kochs von großen Zielen nicht einschüchtern lassen, haben sie bereits einmal bewiesen.
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