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Erdäpfel am Vortag in der Schale kochen oder dämpfen. Darauf achten, dass sie möglichst gleich groß sind, da sonst die Garzeiten weit voneinander abweichen. Regelmäßig mit einem möglichst dünnen Stab anstechen und den Garpunkt prüfen. Keinesfalls zu große Erdäpfel verwenden, da sich die Knolle außen bereits aufzulösen beginnt, während der Kern noch roh ist.
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Abkühlen lassen und über Nacht in den Kühlschrank stellen.
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Erdäpfel schälen und in Scheiben schneiden. Nicht zu dick, nicht zu dünn, am besten rund einen halben Zentimeter.
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Rote Zwiebel in feine Würfel schneiden und zu den Erdäpfeln geben. Wem Zwiebel zu kräftig ist, kann stattdessen Schnittlauch verwenden, der ist milder.
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Einen gestrichenen Teelöffel Kristallzucker über Erdäpfel und Zwiebel streuen und ein wenig einwirken lassen. 6. Salzen und pfeffern nach Belieben.
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Einen kräftigen Schuss Essig über Erdäpfel, Zwiebel, Zucker, Salz und Pfeffer gießen. Kann ruhig einfacher Hesperidenessig sein, denn durch den Zucker wird die Säure ohnehin abgeschwächt.
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Öl darübergießen. Wieder ist die Dosis entscheidend. Vor allem zu viel ist gefährlich. Der Salat soll keinesfalls in Öl „schwimmen“.
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Ein paar Minuten ziehen lassen, dann servieren.
Omamas Erdäpfelsalat
Hätte Andreas Tröscher der Oma bei der Zubereitung doch nur einmal über die Schulter geschaut! Um das Mysterium ihres Erdäpfelsalats zu enträtseln, begab er sich – 30 Jahre nach ihrem Tod – auf Spurensuche.
Gut zu wissen:
Die gekochten Erdäpfel verbringen eine Nacht zum Kühlen im Kühlschrank.
Meine Großmutter (eigentlich: Omama) war kein Mensch vieler Worte. Weder mündlich noch schriftlich. Obwohl als Linkshänderin gezwungenermaßen beidhändig. Ein 1912er-Jahrgang. Eines von 13 Kindern. Mittelburgenland. Zwei Weltkriege, dazwischen Armut. Die Alltagsnahrung war karg in diesen Zeiten. Sterz gab es oft. Sulz und Grammeln eher selten. Das waren schon Festmahle. Doch mit den Jahren wurden daraus kulinarische Kunstwerke.
Mein Geschmacksspeicher kann sie jederzeit abrufen. Allein der Duft des Brathendls, dazu die Fülle. Nicht im Hendl, sondern daneben. Also eigentlich keine Fülle. Egal. Aber am Gaumen ein Feuerwerk, eine Explosion. Deftig, würzig, dennoch geschmeidig, nahezu flaumig, trotzdem kompakt. Und erst der Saft, der am Boden ansetzte. Unaussprechlich. Weil man ja mit vollem Mund nicht redet.
Der wahre Höhepunkt war die Beilage
Allein die Konsistenz der sonnengelben Erdäpfel-Scheiben, stets perfekt am Punkt, nie zu weich, nie zu hart, umhüllt von süßlich-öliger Marinade, begleitet von roten Zwiebelwürfeln. Oder Schnittlauch. Je nach Jahreszeit. Die Meisterin vom Erdäpfelsalat starb 1993 und nahm die Geheimnisse rund um die Zubereitung mit ins Grab. Um nachzufragen, war der Enkel damals noch zu bequem.
Warum auch? Den Speisen haftete eine gewisse Unvergänglichkeit an. Doch mit der Omama gingen auch sie dahin. Denn niemand wusste um ihre exakten Ingredienzien oder Mengen.
„Deshalb begab ich mich auf Spurensuche.“
Es war schon fast zu spät. Denn viele Verwandte, die Zeit und Ort mit meiner Großmutter teilten, lebten ebenfalls nicht mehr. Um es vorwegzunehmen: 30 Jahre nach ihrem Tod ist es mir gelungen, Omamas Erdäpfelsalat-Geheimnis zu knacken. Ich formte sämtliche Informationen, die ich zusammentrug, zu einem stimmigen Rezept.
In puncto Zubereitung ist derzeit noch der Weg das Ziel. Manchmal, möchte ich behaupten, war ich echt schon nah dran. Im Endeffekt dreht sich alles um haargenaue Dosierungen, Koch- und Liegezeiten. Was alles nichts nützt, wenn der Erdapfel einen erdigen Grundgeschmack hat. Oder gar keinen. Oder einfach den, der eben gerade nicht passt. Sie bekam es hin. Jedes Mal.
Das letzte Konzert von Pink Floyd hab ich versäumt. Und meine Oma nach dem Rezept für ihren Erdäpfelsalat zu fragen. Beides werde ich mir nie verzeihen.
Zum Autor: Andreas Tröscher lebt in Wien und schreibt für die „Salzburger Nachrichten“. Mit Vorliebe erinnert er sich an die Achtzigerjahre und hat ihnen seinen Roman „In wenigen Minuten endlos“ gewidmet.
Dieses Rezept erschien in Servus in Stadt & Land im Dezember 2023 in der Rubrik „Aus Omas Kochbuch“.
Menge | Gesamtzeit |
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4 Portionen | 40 Minuten |
1 kg | Erdäpfel (unbedingt Ditta) |
1 | mittlere rote Zwiebel oder 1/2 Bund Schnittlauch |
1 TL | Kristallzucker |
Salz, Pfeffer | |
Essig | |
Öl |