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Brauchtum

Brauchtümer zu Martini

Welche Geschichten ranken sich um den heiligen Martin und warum braten wir am 11.11. Gänse und ziehen mit Laternen umher?

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Foto: Marco Rossi
Brauchtümer zu Martini - die Gans speilt hier eine zentrale Rolle

Der Bratenduft kündigt den Winter an und verspricht ein letztes großes Fest, bevor es kalt wird: Der Martinstag am 11. November gilt als wichtiger Bauernfeiertag und als einer der wichtigsten Brauchtumstermine im ganzen Jahr.

Der 11. 11. – schnapszahlenbedingt seit jeher magisch – wurde von der Kirche zu Ehren des heiligen Martin, der an diesem Tag beerdigt worden sein soll, als Festtag eingeführt. Mit dem Lostag geht der Altweibersommer, es kommt die Winterwirtschaft. Und weil man sich vor den kargen Wintermonaten zusätzlicher Esser entledigen wollte, war früher zu Martini Zahltag: Das Gesinde wurde entlohnt und entlassen.

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Von nun an fand die Arbeit wieder drinnen im Haus statt, Laternen und Lampen wurden entzündet. Tiere wie Gänse – ebenfalls zusätzliche Esser – wurden geschlachtet, so entstand wohl auch die Tradition des Martinibratens, denn: Ab dem 5. Jahrhundert begann am 12. November der Advent und damit die Fastenzeit. Martini war die letzte Gelegenheit, vor der „geschlossenen Zeit“ zusammenzukommen und miteinander zu essen und zu trinken. Wenn das kein guter Nährboden für reiches Brauchtum ist! Schauen wir uns das näher an.

Über den heiligen Martin

Die katholische Kirche feiert am 11. November das Fest des Heiligen Martin. In Österreich ist die Legende, die hinter dem Feiertag stehen, weit bekannt. Martin war als römischer Offizier in Frankreich stationiert. An einem kalten Tag begegnete er einem frierenden Bettler und teilte kurzerhand seinen Mantel mit dem Schwert und gab dem Mann eine Hälfte. In der Nacht erschien ihm Christus im Traum, bekleidet mit dieser Hälfte des Mantels. Kurze Zeit später empfing der nach Gallien zurückgekehrte Soldat in Amiens die Taufe, quittierte seinen Dienst und wurde zunächst Missionar.

Altbekannte Martinibräuche

1. Martiniritte

Der heilige Martin ist nicht nur Patron der Reisenden und Bedürftigen, unter seinen Schutz wurden auch Tiere gestellt, unter anderem Pferde. Die Tradition der Martiniritte reicht lange zurück; einer der bekanntesten findet im nordbayerischen Lengenfeld statt. Jedes Jahr versammeln sich hier mehr als hundert Reiter mit ihren farbenprächtigen Gespannen und blumengeschmückten Wägen. Angeführt werden die Pferdeprozessionen von einer Reitergruppe mit kräftigen Pferden, die ein Kreuz aus Holz tragen. Im Anschluss an die Prozession wird den Rössern geweihtes Brot und Salz gefüttert.

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Foto: Andreas Posselt
Hoch zu Ross rund um den Martinstag, das ist Tradition.

2. Martinsumzug und Martinsbetteln

Bereits aus dem 16. Jahrhundert gibt es Überlieferungen, wonach Kinder zu Martini mit Laternen in der Hand singend durch die Stadt zogen und dabei um Essensspenden baten. Neben den Laternenumzügen war es in früheren Jahrhunderten Brauch, große Feuer auf den abgeernteten Feldern zu entfachen, um symbolisch den Sommer zu verabschieden und die eingefahrene Ernte zu feiern.

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Foto: Andreas Posselt
In den Kindergärten werden bis heute vielerorts selbst Laternen gebastelt.

3. Martinsgebäck

Weckerl, Kipferl, Hörndl oder Brot – je nach Region gibt es unterschiedliche Formen von Martinsgebäck. Weil vor Beginn der Fastenzeit Lebensmittel, die sich nicht als haltbare Vorräte eigneten und dann verboten waren, verbraucht werden mussten, wurde zu Martins Ehren gebacken. Oft handelt es sich um Germgebäck, das den singenden Kindern beim Laternenumzug geschenkt wird. In Erinnerung an den heiligen Martin, der seinen Mantel der Legende nach mit einem armen Bettler geteilt hat, soll das Martinsgebäck ebenfalls geteilt werden.

4. Martinsloben

Martin, so heißt es, macht den Sturm zum Heurigen und den Heurigen zum Alten. Nach dem Einbringen der Ernte mussten die Winzer bis zum 11. November warten, ehe ihr junger Wein für die erste Verkostung reif genug war. Der Feiertag des burgenländischen Landespatrons – des heiligen Martin – war damit ein wichtiger Tag, und er ist es auch heute noch: Vor allem im Osten Österreichs stehen zum Martiniloben die Kellertüren offen. Die Winzer schenken ihren Jungwein aus – und der wird gekostet, gescholten oder gelobt.

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Foto: Andreas Posselt
Spritzig, fruchtig, frisch?

5. Martinigansl

Es wird erzählt, dass der Brauch der gebratenen Gans auf die Legende zurückgeht, nach der der bescheidene Geistliche Martin zum Bischof ernannt werden sollte, sich aber in einem Gänsestall versteckte, weil er sich des Amtes nicht würdig fühlte. Die Gänse verrieten ihn jedoch durch ihr Geschnatter. Seitdem wird zu Martini Gänsebraten gegessen. Wahrscheinlich ist der Ursprung des Brauchs aber viel banaler: Die Menschen wollten ihre Gänse rechtzeitig vor der Fastenzeit mit Kraut und Knödeln gebraten sehen. Nachvollziehbar.

Martini und die Gans: Was hat es damit auf sich?

6. Zahltag

Der Festtag des heiligen Martin markiert einen wichtigen Tag des bäuerlichen Jahreslaufs – an diesem Tag hat man sich vor dem Winter häufig von „unnützen Essern“ getrennt: Knechten und Mägden wurde das Dienstverhältnis gekündigt, sie bekamen ihren Lohn, und Zinsen wurden fällig gestellt. Gut, dass nun das nötige Kleingeld in Umlauf war: Weil vor dem Wintereinbruch oft warme Wäsche, Schuhe und Werkzeug gekauft werden mussten, fanden rund um Martini in ländlichen Gegenden oft Märkte statt. Nach wie vor einer der beliebtesten: der nostalgische Martinimarkt in Dornbirn, auf dem sich dieses Jahr am 4. November „Lüt im alta Häs“ – also Leute in nostalgischem, altem Gewand – vor den Marktständen in der Innenstadt tummeln.

7. Kasmandeln

Im Sommer lebt das „Kasmandl“ von Wurzeln und Kräutern, die es in den Bergen findet, aber im Winter ist das kleine graue Sagenmännchen mit dem runzeligen Gesicht auf der Suche nach Essbarem. Deswegen zieht es in die Sennhütten ein, die jetzt verlassen sind. Um die Almgeister friedlich zu stimmen, verkleiden sich Kinder im Lungau als Kasmandln, ziehen von Haus zu Haus, sagen Sprüche auf und verteilen Rahmkas, Rahmkoch und Schnuraus – Salzburger Almspezialitäten.

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Foto: Andres Posselt
Friedliche Schauergestalten trifft man um den Martinstag hie und da.

8. Martinigerte

Auf den Höfen, von denen sie Tiere gehalten hatten, kehrten Viehhirten nach dem Weidejahr ein, um die Beendigung ihres Dienstes zu melden. Dazu überreichten sie den Bauern eine Gerte, die Martinigerte. Über den Winter – solange er seine Tiere selber hütete – hing diese Rute an der Wand des Besitzers. Im nächsten Frühjahr, wenn der Hirte das Vieh wieder abholte, trieb er es mit der Martinigerte auf die Halt. Damit der Akt der Gertenübergabe etwas feierlicher wurde, sagten die Hirten in jedem Haus einen Spruch auf – den sogenannten Martinisegen.

In Gottes Nam' tret ich herein.
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Foto: Andreas Posselt
Feierliche Übergabe der Martinsgerte.
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