Fasslrutschen in Klosterneuburg
Im Stift Klosterneuburg wird der Brauch des Fasslrutschens bis heute gelebt. Aber wo hat der Brauch seinen Ursprung? Darum ranken sich allerlei abenteuerliche Gerüchte und Geschichten.
Am 15. November, wenn es längst nicht mehr stürmt und der erste junge Wein bereits den Gaumen kitzelt, da treffen sich die großen und die kleinen Kinder in Klosterneuburg bei Wien. Gefeiert wird das Leopoldifest zu Ehren des Markgrafen Leopold III.
Die Kirtagsluft ist erfüllt von Zuckerwatte, Glühwein und Punsch, das Karussell dreht sich, der Werklmann spielt, bunte Lichter leuchten, und im Binderstadl des Stiftes, in der Fassbinderei also, frönt man dem Fasslrutschen. Ein Brauch, der auf einem Fass aus dem Jahre 1704 ausgeübt wird, dem sogenannten Tausendeimerfass mit 56.000 Liter Fassungsvermögen, fast fünf Meter Länge und einer Höhe von 3,84 Metern. Ursprünglich diente das Fass, so sagt man, zur Aufnahme des Zehentweines der Pachtbauern des Stiftes. Seit es durstige Franzosen 1809 zur Gänze geleert haben, wurde es nicht mehr gefüllt.
Von der Bedeutung dieses Brauches weiß man wenig. Am ehesten kann er aber auf das Abliefern des Weines durch die Hauer an das Stift zurückgeführt werden. Sie erklommen auf der einen Seite das Fass, entleerten oben den Wein in den Gießkorb und rutschten auf der anderen Seite wieder herunter.
Da gesicherte Quellen jedoch fehlen, wurde munter hineininterpretiert: Fasslrutschen soll demnach den Magen gegen Schwefelsäure stärken, wieder andere sahen es als Fruchtbarkeitsritual, und wenn man über das Fassl rutscht und sich etwas wünscht, dann soll dieser Wunsch auch in Erfüllung gehen.
Von Minnesängern und einem Schwur
In der Zeitschrift „Der Fassbinder“ aus dem Jahre 1953 findet man eine ausführliche Erklärung samt einer Geschichte. Demnach gab es das Fasslrutschen bereits in der heidnischen Zeit. Es wurde nicht nur in Klosterneuburg betrieben, sondern überall, wo sich Riesenfässer befanden.
So auch am Rhein. Und erste nachweisbare Mitteilungen von Chronisten über ein Fasslreiten gehen bis in das frühe Mittelalter zurück. In jene Zeit, in der Walther von der Vogelweide und Neidhart von Reuental ihre Minnelieder auf dem Wiener Hofe sangen und oft und gern auf eynem groszen Fasze reutteten.
Was nun das Klosterneuburger Fasslrutschen betrifft, erzählt die Geschichte unter dem Titel Das Kellerrecht des Pantoffelhelden zusammengefasst Folgendes:
Im Stiftskeller war es immer lustig und die Gäste hatten ihren Spaß. Eines Tages nannte der Bindermeister den Wirt einen Pantoffelhelden, was dieser vehement zurückwies. Der Bindermeister scherzte, dass der Wirt sogar über ein Fass rutschen würde, wenn seine Frau es verlangte. Der Wirt entgegnete, dass er dies nur tun würde, wenn es dann zur Regel würde, dass jeder Gast, der in den Keller kommt, ebenfalls über das Fass rutschen müsse. Alle fanden die Idee witzig und stimmten zu. Doch die Frau des Wirts bekam das Gespräch mit und war verärgert. Sie behandelte ihren Mann kühl, bis er schließlich nachgab und über das Fass rutschte – in dem Glauben, keiner hätte es gesehen. Plötzlich tauchten aber alle Gäste mit Lichtern im Keller auf und lachten laut. Seitdem ist das Fassrutschen ein fester Bestandteil des Kellerbesuchs.
Diese Sage hat Johann Nepomuk Vogl 1854 in eine Ballade umgewandelt. Sie schließt – nach 38 vierzeiligen Strophen – mit der Feststellung:
"Doch das Kellerrecht bestehe
Dauernd fort zu allen Zeiten,
Künftig soll von diesem Fasse
Jeder Gast hinunter gleiten.
Und so ward es auch gehalten
Durch ein Säculum von Jahren,
Und wer je besucht den Keller
Hat es selber wohl erfahren."
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