Herbstschönheiten im Garten
Spinnennetze glitzern in diesen Tagen zwischen den Samenständen, und eines Morgens hat der erste Raureif Fruchtkapseln und Schoten, Dolden und Kugeln überzogen. Der Garten funkelt, als hätte ein Riese eine Handvoll Diamanten darin ausgestreut, allerdings nur dort, wo Gärtnerhände nicht zu fleißig waren. Denn durch Rückschnitt der Pflanzen bringt man sich um solche Szenen.
In der Vergänglichkeit entstehen nämlich Gartenbilder, die jeden Blick ebenso wert sind wie zuvor die bunten Blüten. Erst wenn die Farben verschwinden, treten Strukturen und Formen von Fruchtständen und Samenkapseln hervor, dann zeigen Pflanzen, welch wundersame Gebilde sie im Zuge ihrer Vermehrung hervorbringen können. Es zahlt sich also aus, dem Drang, im Garten aufzuräumen, zu widerstehen.
Die Herbstpracht ist auch nützlich
So mancher erfahrene Gartenmensch bezeichnet sogar nicht den üppigen Sommer, sondern den Herbst als seine liebste Jahreszeit. Dann sind die feinen Stimmungen und Nuancen, vor allem im Staudenbeet, besser wahrzunehmen.
Das Stehenlassen von Samenständen hat aber auch ökologische Vorteile. Je dichter der Boden später im Winter bedeckt ist, desto weniger Schaden können Frost, Eis und Wind anrichten. Die Pflanzen schützen ihn so wie uns eine warme Jacke.
Die verbliebenen Samen und Beeren sind darüber hinaus eine wichtige Nahrungsquelle für Vögel, die hohlen Stängel Winterquartiere für nützliche Insekten.
Jungfern im Grünen
Ihre Samenkapseln schweben luftig-leicht im Wind.
Die auch als Gretl in der Staudn bekannte bezaubernde einjährige Sommerblume trägt hellblaue, weiße oder rosa Blüten. Während die Blütenform jener der Kornblume ähnlich ist, erinnert die ganze Pflanze mit ihren fedrigen Blättern an Dill.
Wenn die Zeit gekommen ist, ans Vermehren zu denken, entwickelt sie ebenso auffällige Samenhüllen, die zuerst violette Längsstreifen tragen und mit zunehmender Reife austrocknen, bis sie im Spätsommer bräunlich und pergamentartig werden. Die Fruchtstände der traditionellen Bauerngartenpflanze sind hübsche Trockenblumen für Gestecke.
NIGELLA DAMASCENA
Familie: Hahnenfußgewächse (Ranunculaceae)
Blütezeit: Mai bis Juli
Wuchshöhe: 10–25 cm
Standort und Pflege: Vollsonne; sehr anspruchslos; verträgt auch Trockenheit
Aussaat: im Herbst oder im zeitigen Frühling; Selbstaussaat möglich
Silberblatt
Wie Silberlinge glänzen die Samenstände im Herbstlicht.
Wenn das Silberblatt seine Samen freilässt, bleiben die silbrigen Scheidewände der Frucht zurück, die sich wie Pergamentpapier im Wind wiegen und dabei rascheln. Auf diesen Zeitpunkt nach der rosa-violetten Blüte beziehen sich auch die vielen Bezeichnungen, unter denen die seit Jahrhunderten kultivierte Bauerngartenblume bekannt ist: Silberblatt, Silbertaler, Judas-Silberling, Judas-Pfennig, Mondviole.
Die zweijährig wachsende Blume bildet im ersten Jahr eine Blattrosette mit kräftiger Wurzel, erst im nächsten Jahr folgen die Blüten.
LUNARIA ANNUA
Familie: Kreuzblütengewächse (Brassicaceae)
Blütezeit: April bis Juni
Wuchshöhe: 40–70 cm
Standort und Pflege: sonnig bis halbschattig, z. B. unter lichten Gehölzen; nahrhafte, nicht zu trockene Böden; anspruchslos
Aussaat: im Frühsommer direkt am Standort, danach Selbstaussaat
Akanthus
Imposante Fruchtstände mit Samen, die knallen und springen.
Die mehrjährige Staude fällt schon im Sommer durch große violett-rosa Blütenkerzen und dunkelgrüne, ornamentale Blätter auf. Letztere haben als charakteristisches Element der korinthischen Kapitelle Kunstgeschichte geschrieben. Im Herbst erscheinen in den trockenen Blütenständen große braune, bohnenartige Samen, die bei Reife mit einem Knall aus dem Fruchtstand springen.
Der Akanthus wächst zu stattlichen Horsten mit starkem Ausbreitungsdrang heran und braucht starke Partner an seiner Seite. Besonders gut kommt er als Vorpflanzung vor Gehölzen zur Geltung.
ACANTHUS SP.
Familie: Akanthusgewächse (Acanthaceae)
Blütezeit: Juni bis August
Wuchshöhe: 70–100 cm
Standort und Pflege: sonnig bis halbschattig; tiefgründige, nähr- stoffreiche Böden, kommt aber auch mit Trockenheit gut zurecht; unverwüstlich
Pflanzung: im Frühjahr und im Herbst; Wurzelteilung möglich; ausreichend Platz einplanen; vor Staunässe schützen
Gemeiner Stechapfel
Hunderte Samen verstecken sich in einer einzigen Stachelfrucht.
Der Gemeine Stechapfel ist der in Mitteleuropa häufigste Vertreter seiner Gattung und zählt zu den stärksten psychoaktiven Pflanzen. Schon in der Antike wusste man um seine narkotische und giftige Wirkung. Als Zierpflanze jedoch ist er von besonderer Schönheit.
Die weißen, trichterförmigen Einzelblüten öffnen sich nachts und duften dann süßlich. Nach der Blüte erscheinen die stacheligen Fruchtkapseln, die beim Aufplatzen nierenförmige schwarze Samen freigeben.
Die Fruchtstände machen auch als Trockenblumen in der Vase eine gute Figur.
DATURA STRAMONIUM
Familie: Nachtschattengewächse (Solanaceae)
Blütezeit: Juni bis Oktober
Wuchshöhe: 80–120 cm
Standort und Pflege: sonnig, auf nährstoffreichen, aber warmen Böden
Aussaat: im Herbst oder im Frühling; danach Selbstaussaat
Herbstanemone
Flaumige Samenstände tanzen schwerelos im Garten.
Mit weißen oder rosafarbenen Blüten auf langen Stielen bringen Herbstanemonen verspielte Leichtigkeit in den Garten. Nach der Blüte bilden sie flaumige Samenstände wie Wattebäuschchen, die für einen wunderbaren Kontrast im Herbstbeet sorgen.
Die Anemoi waren in der griechischen Mythologie die Götter des Windes. Der Erzählung nach war Anemona eine Nymphe am Hof der Göttin Flora. Floras Gatte Zephyr, der Gott des Westwindes, verliebte sich in Anemona. Die eifersüchtige Ehefrau Flora verwandelte sie in eine Blume, die seitdem den Namen Anemone trägt.
ANEMONE JAPONICA
Familie: Hahnenfußgewächse (Ranunculaceae)
Blütezeit: August bis Oktober
Wuchshöhe: 60–100 cm
Standort und Pflege: sonnig bis halbschattig, unter lichten Gehölzen; nährstoffreiche Böden
Pflanzung: Frühjahrspflanzung empfohlen, bei Herbstpflanzungen im ersten Winter einen Schutz aus Laub oder Reisig aufbringen; Teilung des Wurzelstocks möglich
Lampionblume
Orange Lampions im verholzten Käfig leuchten in der Sonne.
Nach unscheinbaren weißen Blüten erscheinen ab September die aufgeblasenen orangen Fruchthüllen der Lampionblume. Noch spektakulärer wird der Anblick, wenn spät im Jahr nur noch das verholzte Skelett davon übrig ist und die orange Beere sichtbar wird. In beiden Stadien ist die Lampionblume eine Zierde für Trockensträuße und Gestecke.
Essen sollte man die Beeren nicht, denn die ganze Pflanze ist giftig. Was optisch ähnlich und wohlschmeckend ist, wird im Handel angeboten: als Früchte der Kapstachelbeere.
PHYSALIS ALKEKENGI
Familie: Nachtschattengewächse (Solanaceae)
Blütezeit: Juli (unscheinbar)
Wuchshöhe: 50–80 cm
Standort und Pflege: sonnig bis halbschattig; sandig-humoser, kalkhaltiger Boden
Pflanzung: im Frühjahr und im Herbst; Pflanze bildet nach einigen Jahren Ausläufer und kann sich schnell ausbreiten, deshalb in Pflanzkörbe setzen
Die vielen Gesichter der Herbstschönheiten
Beeren und Hüllen
Für Menschen sind die orangen Beeren des heimischen Aronstabs (Arum maculatum) zwar giftig, von Vögeln werden sie aber gefressen. Die Pflanzen brauchen ein halbschattiges Plätzchen und humosen, nicht zu trockenen Boden.
Schwach giftig ist auch die Kermesbeere (Phytolacca acinosa), deren dunkelroter Farbstoff einst als Färbemittelverwendet wurde. Die Kermesbeere kommt am besten als Solitärstaude zur Geltung, sollte also rundherum genug Platz zur Entfaltung ihrer Schönheit haben.
Haarig, wollig und fedrig
Um die Fruchtstände der heimischen Kuhschelle (Pulsatilla vulgaris) zu entdecken, muss man schon etwas genauer hinsehen. Die in der Natur streng geschützte Pflanze zeigt ihre fedrigen Haarbüschel, die aneinen Besen erinnern, in sonnigen Steingärten, Trockenmauern und Böschungen. Einst fand man sie aber gar nicht hübsch, sondern sogar unheimlich und gab der kleinen Pflanze auch die Namen Teufelsbart und Bocksbart.
Ebenso vielgestaltig wie die Blüten sind auch die Frucht- und Samenstände der Astern – von den kleinen Silbersternchen der Waldaster (Asterdivaricatus) bis zu den wolligen Samenständen der Sommeraster (Aster umbellatus).
Neben den Staudenvertretern sei an dieser Stelle auch die Waldrebe (Clematis vitalba) genannt. Bilden sich ihre Samen, bleiben an ihnen die haarigen Stempel erhalten, um später den Transport durch den Wind zu ermöglichen. Es entstehen weiche, wollige Knäuel, die schon bei wenig Wind in Bewegung geraten.
Kerzen, Kapseln und Kegel
Bis zu einen Meter hoch werden die gelben Blütenstände des Brandkrauts (Phlomis russeliana). Mit nährstoffreicher Erde versorgt, bleiben diese Pflanzen für lange Zeit im Garten zu Gast. Nach der Blüte wachen die braunen Samenquirl an aufrechten Stielen bis zum Frühjahr im Beet.
Noch höher ragt die Wilde Karde (Dipsacus fullonum) in den Himmel, eine wahre Schönheit für naturnahe Gärten, die zur Blütezeit im Juli und August eine Futterpflanze für Schmetterlinge und Bienen ist. Später freuen sich Vögel, besonders Distelfinken, über die Samen in den trockenen braunen Kegeln.
Die Moschusmalve (Malva moschata) entwickelt nach den rosafarbenen, leicht nach Moschus duftenden Blüten attraktive nussartige Früchte. Es handelt sich um dicht behaarte Spaltfrüchte, die aus bis zu fünfzehn Teilfrüchten mit je einem Samen bestehen.
Wer Verblühtes an der Pfingstrose (Paeonia sp.) nicht abschneidet, kann sich im Herbst an den außergewöhnlichen Samenständen erfreuen. Es sind Balgfrüchte, die beim Aufspringen dunkel gefärbte Samen im roten Fruchtfleisch freigeben.
Weniger bekannt, aber eine Besonderheit sind die kurzstieligen, aufgeblähten Sammelbalgfrüchte der Blasenspiere (Physocarpus opulifolius). Die Sorte „Diabolo“ wird auch als Teufelsstrauch bezeichnet und färbt leuchten rot aus.