Anzeige

Garten

Die Schneerose: das zarte Wunder im rauen Wintergarten

Die Schneerose ist die Erste, die ihre großen Blüten in den Winterhimmel streckt.

Pflanzenporträt, Schneerose, Christrose
Foto: mauritius images / Zoonar GmbH / Alamy / Alamy Stock Photos
Die elegante Schneerose blüht mutig im winterlichen Garten, trotzt der Kälte mit ihren schönen Blüten.

Wenn die ersten von ihnen auf­tauchen, kann es sein, dass der Winter, von dessen nahendem Ende sie angeblich kün­den, meteorologisch gesprochen noch nicht einmal begonnen hat. So kam Helleborus niger, die Schwarze Nieswurz, jedenfalls zu ihrem zweiten Namen: Christrose. Denn manchmal arbeiten sich die frühesten ihrer anmutig geneigten blütenweißen Knospen schon um Weihnachten durch den Schnee, mit dem diese Blume so eng verbunden ist.

Der Schnee umgibt sie und schützt ihre dunkelgrünen, ledrigen Blätter. Unter sei­ner schützenden Decke entwickeln sich ihre Knospen, und ihm verdankt sie den Namen, unter dem sie vor allem bekannt ist: Schnee­rose. Im Schnee und mit dem Schnee fühlt sie sich pudelwohl. Solche Pflanzen gibt es nicht viele.

Anzeige

Gut möglich, dass man an den niedrigen, geduckten Knospen der Schneerose, die hier und da zwischen all dem Eis und dem Schnee hervorlugen, vorübergeht. Ihre geöffneten Blüten zu übersehen, die etwas später im Jahr aufgehen, ist hingegen fast unmöglich. Erst sind es nur ein paar wenige, doch dann – im Februar und März – tauchen sie in den Buchen­ und Mischwäldern der östlichen Alpen und Voralpengebiete oft in großen, lose verteilten Gruppen auf.

Schneerosen lieben die kalkreichen, hu­mosen Böden des Alpenraums, wo sie von den Tälern bis hinauf in mehr als 1.000 Me­ter Seehöhe wachsen. Schon im Jahr 1532 notierte der deutsche Theologe und Botani­ker Otto Brunfels, die „Christwurtz oder Nyeßwurtz“ wachse „an den hohen und rauchen Bergen ... wiewol man sye auch yetzundt in die Gärten pflantzt“ – ein früher Hinweis darauf, dass die Schneerose auch als Zierpflanze im Garten schon eine lange Tradition hat. In Österreich findet man sie von Vorarlberg bis Niederösterreich und von Salzburg bis Kärnten. Nur das Burgen­land und Wien müssen auf den Anblick von Schneerosenblüten verzichten.

Servus Mondpost

Schneerosenblüten sind echte Schönhei­ten: Obenauf am Ende eines dicken, specki­gen Stängels sitzt eine weiße, fünfblättrige Schalenblüte, in deren Mitte ein goldgelbes Büschel von Staubblättern leuchtet. Trifft die Wintersonne darauf, strahlt die ganze Schneerose in durchscheinender Helligkeit.

Gut zu wissen

  • Die meisten volksmedizinischen Wirkungen von Helleborus niger waren schon in der Antike bekannt und sind unter anderem aus den Schriften von Theophrast und Plinius dem Älteren überliefert.

  • Schneerosen gehören zu den frühesten Frühjahrsblühern, die auch dann schon als Futterpflanzen für Schmetterlinge und andere Insekten dienen, wenn in der Natur sonst noch nicht viel anderes blüht.

  • Auch die Fruchtstände der Schneerosen sind spektakulär. Diese sogenannten Balgfrüchte, die die Samen enthalten, erscheinen in der späteren Blühphase der Pflanze, entwickeln sich an der Stelle der Staublätter in der Mitte der Blüte und bleiben bis zur Samenreife im Mai oder Juni mitsamt den Blütenblättern an der Pflanze.

Schneerose (Helleborus niger)

  • Familie: Die Schneerose oder Christrose gehört zur Gattung Nieswurz (Helleborus) in der Familie der Hahnenfußgewächse (ranunculaceae).

  • Standort: Heller Schatten unter eingewurzelten Gehölzen und Sträuchern; humus- und nährstoffreicher Boden, mäßig feucht und kalkhaltig

  • Pflege: Einfach alte Blätter vor dem Blütenaustrieb abschneiden.

  • Pflanzung & Vermehrung: Aussaat nach der Samenreife, andernfalls durch Teilung im Herbst oder nach der Blüte.

Die Warnung des Herrn Geheimrat

Aber wieso heißt dieses Kind des Lichts auch Schwarze Nieswurz? Nun, zum einen, weil sie zur Gattung Nieswurz gehört. Zum anderen hat das mit dem schwarzbraunen Wurzelstock der Schneerose zu tun. In pul­verisierter Form wurde er Schnupftabak beigemengt – eine besonders in Bayern ver­breitete volkstümliche Praxis, die Geheim­ rat Johann Wolfgang von Goethe, der als naturwissenschaftlich interessierter Mensch über die Giftigkeit der Schneerose Bescheid wusste, mit äußerster Skepsis betrachtete: „Nieswurz holt sich das Volk, ohne Verord­nung und Arzt.“

Einige andere der volkstümlichen Bei­namen der Schneerose geben Auskunft über ihre Geschichte als wichtige Heilpflanze. „Krätzenbleaml“, „Brandwurzel“, „Feuer­kraut“, „Schwinkrud“ oder „Schelmer­wurzel“ erzählen von ihrer Anwendung bei der Behandlung von Läusen oder von Rotlauf und Milzbrand („Viehschelm“) bei Schweinen und Rindern. Auch als herz­stärkendes und harntreibendes Mittel fand Helleborus niger Anwendung – bei Überdo­sierung nicht selten um den Preis schwerer Vergiftungserscheinungen.

In den Bergen blühen sie bis Mai

Im lichten Unterholz können sich Schnee­rosen zu riesigen Pflanzenkolonien formie­ren. Besonders lieb sind ihnen auch leichte Hanglagen, an denen der Schnee schneller schmilzt und sie früher zur blühenden Höchstform auflaufen können. An solchen Hängen schauen oft alle Blüten wie Sonnen­blumen in ein und dieselbe Richtung.

Im Lauf ihrer langen Blütezeit – letzte Schneerosen kann man in hohen Lagen bis in den späten Mai hinein sehen – verfärben sich die Schneerosenblüten von Reinweiß und Gelblich über Zartrosa bis hin zu Grün und Violett. Dieses Farbspektrum ist es auch, aus dem man bei den vielen Sorten für den Garten wählen kann.

Entstanden sind sie seit Mitte des 19. Jahrhunderts durch Einkreuzung der in Griechenland und der Türkei heimischen Orientalischen Nieswurz (Helleborus orientalis). Manche dieser Schneerosen für den Garten blühen ausschließlich in verschiede­nen Grüntönen, andere in Lila, Violett oder fast Schwarz. Viele eingekreuzte Sorten sind deutlich höher und großblütiger als die heimische Wildart Helleborus niger.

Es ist also niemand darauf angewiesen, Schneerosen im Wald auszugraben. Ohne­ hin ist man gut beraten, das nicht zu tun. Man kann es sich mitunter zwar nur schwer vorstellen, wenn sie scharenweise mit ihren Blütenbüscheln die winterlichen Wälder sprenkeln – aber wilde Schneerosen sind streng geschützt.

Anzeige