Schmied Thomas Schwarz und sein Hirschhornbesteck aus Molln
Hirsch und Gams liefern Thomas Schwarz das Material für seine erlesenen Messer, Gabeln und Löffel. Ein Besuch in der Werkstatt des Messerschmieds im oberösterreichischen Molln lässt uns dabei ganz schön ins Staunen kommen.
Mittendrin zwischen Gaisberg und Rammelspitz sitzt Thomas Schwarz, Messermacher in vierter Generation in der Messererstraße 7 in Molln. Zeit hatter er nicht viel, genau genommen war es eine Woche, um sich zu überlegen, ob er das Handwerk des Messerschmieds ergreifen oder doch lieber als Pilot eine Laufbahn beim Heer einschlagen will. „Ich bin geblieben, ich hab mich nicht dazu durchringen können, zu gehen“, sagt der 46-Jährige heute. Und gut war‘s.
Eine Traditionshandwerk geht eine Generation weiter
Um 1900 machte Thomas’ Ururgroßvater Josef seine ersten Messer und begründete in Molln die erste Taschenmesserfabrik Oberösterreichs. Später kamen Bestecke dazu, anfangs mit schlichten Holz-, später auch mit Hirschhorngriffen. Die Geschäfte gingen gut. Heute dagegen kommen viele Messer aus Fernost; die Folge ist ein Preiskampf, der kaum zu gewinnen ist.
Ich möchte mich durch Qualität unterscheidenThomas Schwarz, Messerschmied
Doch von der Billigkonkurrenz ließ sich Thomas Schwarz nie die Schneid abkaufen. „Ich möchte mich durch Qualität unterscheiden“, sagt er und zieht eine hölzerne Schatulle aus dem Regal. Darin lagert, auf grüner Seide, ein Hirschhornbesteck in seiner ganzen Pracht. Solide Klingen aus dickem Stahl, gut in der Hand liegende Griffe aus Horn, beides zusammengehalten von feinen Nägeln aus Messing. „Das hält Jahrzehnte, vorausgesetzt, man tut es nicht in die Geschirrspülmaschine.”, weiß Thomas. zu berichten.
Gearbeitet wird wie damals
Die Stanze etwa, mit der er die Messerklingen aus dem Stahlblech schneidet, ist über 80 Jahre alt. „Ich hab sie ein bisschen hergerichtet, und jetzt erfüllt sie wieder ihren Zweck.“ Und: „Wenn ich mit dem Modernisieren anfangen würd, müsst ich ja alles neu machen. Das kann und will ich aber nicht.“ Warum auch, wenn doch alles noch gut funktioniert: Der Ofen etwa, in dem die Klingen bei 1.000 Grad Celsius gehärtet werden, sodass ihnen nichts mehr etwas anhaben kann. Oder die Schleifmaschine, die den Stahl blank macht und für den richtigen Schliff sorgt. Alles gute alte Bekannte, die in der Werkstatt ebenso ihren fixen Platz haben wie die schwere, dunkle Tramdecke und die Ölflecken auf dem schiefergrauen Betonboden.
An die 15.000 Stück Besteckteile pro Jahr verkauft Thomas Schwarz, mal ein bisschen mehr, mal ein bisschen weniger. Nach einer etwas mauen Zeit gäbe es seit einigen Jahren wieder ein regelrechtes G’riss um das Besteck aus Hirschhorn. „Das hat wahrscheinlich damit zu tun, dass Tracht und alles, was damit zu tun hat, wieder modern ist“, mutmaßt der Messerschmied.
So kommen heute auch viele Jüngere in seine Werkstatt: junge Familien, die auf traditionelle Tischkultur Wert legen; Mädchen, die ihrem Freund zur Lederhose den dazupassenden „Knicker“ aus Hirsch- oder Gamshorn schenken wollen; Burschen – und bei weitem nicht alle von ihnen sind Jäger –, die sich selbst eine messerscharfe Freude machen wollen.
Die Experimentierfreude ist Thomas Schwarz in all den Jahren in seiner Werkstatt nicht abhandengekommen. Vielleicht ist es ja das Handwerk, das dem stets gleichen Rhythmus folgt und in seiner Abfolge wenig Spiel für Neues lässt. Vielleicht aber auch die Freude darüber, die Messerschmiede am Leben erhalten zu haben.
Mehr noch: ihr neues Leben eingehaucht zu haben.
Diese Geschichte von Silvia Pfaffenwimmer erschien in der Mai-Ausgabe 2014 von Servus in Stadt & Land.
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