Hausbesuch im umgebauten Heustadl
Da stehen wir nun vor dem modernen holzverkleideten Haus samt Turm und wundern uns – wo ist jetzt der Heustadl, in dem uns die Hausherrin empfangen wollte? Da kommt sie uns auch schon freudestrahlend entgegen und sagt, als ob sie Gedanken lesen könnte: „Gell, da schauen Sie, was man aus einem 140 Jahre alten Kasten alles machen kann.“ Stimmt. Nichts erinnert mehr daran, dass hier ihre Großeltern einst Kühe, Schweine und Ziegen untergestellt haben. „Sie dürfen nicht vergessen: Ich hatte mehr als ein halbes Jahrhundert Zeit, meinen Traum zu träumen. Und als es dann so weit war, ging alles blitzschnell, da hatte ich schon alle Pläne fix und fertig im Kopf.“
Wir ahnen bereits, dass hinter der Eingangstür so manche Überraschung auf uns wartet – und werden nicht enttäuscht. Vom Vorraum, dem ehemaligen Futtersilo, führt eine Eichenstiege in den riesigen hellen Wohnbereich, der Küche, Ess- und Wohnzimmer vereint. Die Zwischendecke zum Dachgiebel wurde entfernt, damit gewinnt der Raum zusätzlich an Licht und Höhe.
Ein Kindheitstraum
Als kleines Mädchen besuchte die heute über 60-Jährige regelmäßig ihre Großeltern im Hof. Deren Heustadl war das Paradies für sie. „Ich habe mir damals schon ausgemalt, wie es sein würde, als Erwachsene hier zu wohnen.“ Bis dahin sollte es zwar dauern, aber aus den Augen verlor sie ihr Ziel nie.
Vor ein paar Jahren war es dann soweit und der Stadl sollte endlich ihr Zuhause werden. In den drei Monaten Umbauzeit blieb allerdings kein Stein auf dem anderen. Alle Mauern wurden bis auf das Erdgeschoß, wo sich einst die Stallungen befunden hatten, geschleift. „Aber das alte Holz haben wir wiederverwendet“, erzählt die Bauherrin. Jeder Balken, jedes einzelne Brettl und jede Latte wurde in eine Zimmerei gebracht, dort gebürstet, teilweise eingelassen und wieder auf die Baustelle gebracht, wo aus dem alten Material bald ein völlig neues Gebäude entstand.
Licht ins Dunkel
Wer in Lottes Haus kommt, fühlt sich sofort wohl. Das liegt unter anderem am freundlichen, hellen Wohnbereich. Dem Raum wurde zwar durch das Entfernen der Zwischendecke mehr Höhe und Licht gegeben, die vielen alten Holzbalken könnten dennoch drückend wirken, hätte man nicht zwei kleine Tricks angewandt.
So wurde die Giebeldecke zwischen den Balken heller gestrichen.
Auch unauffällige Deckenfluter wurden montiert, die auch in den Abendstunden für ein besonderes Licht sorgen.
Eine Rodel als Sonnenliege
Nach den groben Bauarbeiten konnte Lotte schließlich ans Einrichten gehen und ihre Dekorationskünste voll entfalten. Die Hobbyarchitektin ließ die alten Möbel, die in den 1960er-Jahren auf den Dachboden verbannt worden waren, von einem Freund restaurieren und gab so manchem Stück eine neue Bestimmung. So steht etwa eine alte Rodel, mit der ihr Vater noch Holz transportiert hat, heute auf der Terrasse und dient als Sonnenliege.
„Außerdem“, sagt Lotte, „habe ich mein ganzes Leben lang Unsummen für Dekoratives ausgegeben. Mein Mann hat immer ein bisserl geschimpft, aber heute hat alles seinen Platz gefunden.“ Die kleinen Doserln, die Vasen und die Krüge, ebenso die vielen, vielen Blechherzen, die von ihr zu einem Windspiel zusammengefügt wurden. Und auf jeder Truhe und jedem Kasten liegt ein Tuch oder eine Decke, die noch die Großmutter gehäkelt hat.
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