Was gefangen?
Vom Angeln in der Kindheit – und von kleinen und großen Fischen. Eine Kolumne von Servus-Autor Harald Nachförg.
Unlängst lag ich am Wolfgangsee in der Sonne. Genauer gesagt, lag ich wie ein Kind bäuchlings auf einem Steg, spernzelte durch die Ritzen der Holzbretter ins smaragdgrüne Wasser und beobachtete die Fische unter mir. Die hielten gelangweilt ein Plauscherl ab, und wenn ich sie richtig verstanden hab, warteten sie darauf, dass es vom Himmel wieder einmal Manna regnet.
Gefährlich! Denn in manchem Brotkügelchen verbirgt sich ja ein Haken, wie jeder Mensch weiß, der jemals versucht hat, einen Fisch zu fangen. Und wer hat das nicht? Vor allem in den Ferien. Fuhr man an einen See oder ans Meer auf Urlaub, gehörte das Fischernetz zu den wichtigsten Strandutensilien. Es wurde auch anstandslos von den Eltern gekauft, weil es ihnen täglich ein paar Stunden Ruhe garantierte, sofern sich nicht tatsächlich einmal ein Fisch darin verirrte.
Diese Gefahr bestand bei mir nicht. Ich fing außer Steinen, Muscheln und ungeschickten Krebsen genau nichts, und weil mein Vater völlig zu Recht die dilettantische Ausrüstung dafür verantwortlich machte, erhielt ich schon in jungen Jahren das Angelzeug, das eigentlich den Größeren vorbehalten war: ein seifengroßes Stück Kork, um das eine meterlange Nylonschnur gewickelt war, an deren Ende ein Haken und ein kleines Stück Blei baumelten.
Weit auswerfen konnte man damit natürlich nicht, aber ein Kügelchen Brot ins Hafenbecken runterzulassen war ja auch aufregend. Jetzt muss ich kurz unterbrechen und den Pepi-Onkel erwähnen. Der war ein so leidenschaftlicher Fischer, dass er gleich neben dem Hochzeitsfoto ein zweites Bild aufgestellt hatte, auf dem er nicht weniger glücklich einen Hecht umarmte. Das kapitale Tier, bei genauerem Hinsehen von ihm auf Schulterhöhe gestemmt, berührte mit der Schwanzflosse fast den Boden und schmiegte sich an ihn wie eine scheue Dame im Abendkleid.
Mich gruselte davor, und weil der Onkel vor dem Abendessen auch gern einmal einen fetten Karpfen in seiner Badewanne pritscheln ließ, begann ich mich früh vor monströsen Fischen zu fürchten. Zumindest angreifen wollte ich sie nicht. Gut, die hübsche Regenbogenforelle auch nicht. Der Stadlhofer Rudi fing sie immer im Fluss mit der Hand. Griff langsam hinter einen Stein, und schwuppdiwupp hielt er schon eine in die Höhe, triumphierend wie ein Zauberer, der aus dem Zylinder einen Hasen zieht.
Welches Pech muss man haben, dass man ein Brotkügelchen in ein Hafenbecken taucht und keine Sekunde später spannt sich die Nylonschnur, und es hängt der vermutlich dümmste Fisch der Welt dran. Die Freude über den Fang machte in der Sekunde einer schweren Panik Platz. Was tun mit dem zappelnden Ungeheuer? Und so brach am Pier eine gewisse Hektik aus, die erst wieder verebbte, als einige Seebären – mitten drunter mein Vater – den sehr blöd dreinschauenden Fisch befreit und wieder ins Wasser gelassen hatten.
Eine richtige Angelrute wollte ich nach diesem krassen Ereignis nicht mehr haben. Fischen ist nichts für mich. Der Fisch an sich auch nicht. Das wurde mir im Sommer 1975 noch einmal drastisch vor Augen geführt. Da kam der Weiße Hai ins Kino und versaute mir und meiner Generation jahrelang die Lust, baden zu gehen.
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