Entdeckungsreise zur Schallaburg & ein Gartenbesuch
Für die Fahrt von unserer Unterkunft, dem Melker Rathauskeller, zur Schallaburg haben wir heute das Fahrrad gewählt. Eine gute Idee, denn so können wir hautnah erleben, wie schnell man von der entzückenden Altstadt inmitten grüner Wiesen und Wälder ist. Vorbei an Kühen, Gänsen und Schafen sind wir bald froh, dass der kleine Elektromotor am Fahrrad mitstrampelt. Schließlich stehen Burgen üblicherweise auf der Spitze des Berges und nicht unten im Tal.
Zwischen den Zeiten
Die Schallaburg vermittelt schon rein architektonisch zwischen den Zeiten. Die außenliegende Wehranlage stammt aus dem Mittelalter und schützt das innerhalb der Mauern erbaute Renaissance-Schloss. Hatten die Mauern im Mittelalter noch die Aufgabe, Dorfbewohner zu schützen, diente das von Losenstein erbaute Schloss vor 500 Jahren als geistiges Zentrum und Ort der Bildung. In der damaligen Schule, einer Art Voruniversität, hatten Schüler und Schülerinnen gute Karten: Ihnen stand ein eigener Dirigent zur Verfügung, um musische Ideen umzusetzen, und mittels eines Kritikgesprächs an Lehrer und Lehrerinnen konnten sie Verbesserungsvorschläge direkt vorbringen. Die Schulordnung des Schlosses war so erfolgreich, dass Kaiserin Maria Theresia darauf später ihre Schulinitiative aufbaute.
Auch heute noch sind Besucher jeder Altersgruppe herzlich willkommen. Während wir raschen Schrittes Richtung Arkadenhof gehen, werden es Familien wohl schwieriger haben, an dem riesigen Kletter-Drachen ohne Spielpause vorbeizukommen.
Jede Figur erzählt eine Geschichte
Im Innenhof des Schlosses, dem sogenannten Terrakottenhof, erwartet uns bereits der künstlerische Leiter der Schallaburg, Kurt Farasin. Von ihm erfahren wir, dass die mit Terrakotten geschmückten Arkaden, die dem Hof seinen Namen geben, absolut einzigartig sind. Die detailgetreuen Darstellungen von Figuren erzählen Geschichten wie die Nibelungensage oder aus der griechischen Mythologie. Dass die Terrakotten die letzten 500 Jahre so unbeschadet überstanden haben, liegt sicher auch daran, dass sie direkt auf der Schallaburg gebrannt wurden, wo man die klimatischen Verhältnisse und kühlen Winter bereits kannte.
Aufbruch in neue Welten
Wir sind neugierig auf die diesjährige Ausstellung „Sehnsucht Ferne – Aufbruch in neue Welten“, in der wir unter anderem mehr über die große österreichische Abenteurerin Ida Pfeifer erfahren. Ende des 18. Jahrhunderts erkundete sie Gegenden, die bis dahin selbst die tapfersten Männer gemieden hatten. Nahezu zeitgleich reiste auch der Deutsche Alexander von Humboldt, der bis in die entlegensten Winkel der Erde vordrang. Wir bewundern sein originales Reisetagebuch, entdecken astronomische Messgeräte und staunen über die Sammelleidenschaften der damaligen Abenteurer. Kinder bekommen für den Rundgang übrigens einen Entdeckerbeutel, der sie spielerisch durch die Ausstellung begleitet.
Wichtig ist Kurt Farasin beim Rundgang vor allem, dass wir unseren eigenen Fokus auf die Ausstellungsobjekte legen können. Daher hat sich die Schallaburg bewusst gegen Audioguides entschieden: Jeder Besucher soll sein eigenes Tempo gehen, die Atmosphäre genießen und selbst entscheiden, worüber er mehr erfahren möchte. Nicht immer eine leichte Entscheidung – bei der Vielzahl an Exponaten. Wer am Ende der aufwändig und mit viel Liebe zum Detail gestalteten Ausstellung angekommen ist, dem blutet fast das Herz bei dem Gedanken, dass diese nach nur einem Jahr der nächsten weichen muss. Um Reiternomaden wird es da übrigens gehen – ein Grund mehr, bald wieder auf die Schallaburg zu kommen.
Ein Garten zum Verweilen
Wieder im Innenhof angelangt, stärken wir uns im Schlossrestaurant – übrigens eine Dependance des Melker Rathauskellers. Und welch' gute Entscheidung! Nach Spargelauflauf mit Erdbeeren, Ziegenkäse mit Radieschenrelish und Backhendlsalat wird es Zeit für einen Verdauungsspaziergang im Renaissance-Garten.
Um in den Garten zu gelangen, müssen wir eine hohe Mauer passieren – kein Zufall, sollten Mauern in der Renaissance doch die „Paradeisung“ (den Garten) von der Realität abschirmen. Richtig geraten: Von Paradeisung leitet sich das heutige Wort Paradies ab. Und das ist dieser Garten wahrlich. Auf sechs Hektar Fläche finden sich Liegewiesen, eine duftende Zitrusbaum-Sammlung und Beete nach historischen Vorlagen. Das Renaissance-Beet ist dem heutigen Bauerngarten durchaus ähnlich: Blumen, Gemüse und Kräuter werden gemeinsam gepflanzt und außen von Beerensträuchern begrenzt.
Am Rande der Gartenanlage befindet sich die mittelalterliche Schießanlage, auf der heute angehende Bogenschützen ihr Können ausprobieren können. Gleich daneben befindet sich das Ballhaus – der 1.000 Jahre alte Vorgänger heutiger Tennishallen.
Wer möchte, macht ein gemütliches Picknick im Garten oder genießt eine Schallaburg-Torte im Restaurant. Uns zieht es aber nun weiter Richtung Gartenwelt Gundacker.
Infos zur Schallaburg im Überblick
Kontakt:
3382 Schallaburg 1
Tel.: +43 2754 6317-0
buchung@schallaburg.at
Schallaburg das Restaurant
T: +43 2754 56530
Öffnungszeiten:
20. März bis 7. November 2021
Montag bis Freitag: 9.00 bis 17.00 Uhr
Samstag, Sonn- und Feiertage: 9.00 bis 18.00 Uhr
Kassaschluss jeweils eine Stunde vorher
Tipp: Wer Freude an Nervenkitzel und Rätselraten hat, kann in der Schallaburg im Ecape Room „Gefangen im Eis - Aufbruch zum Norpol“ ein historisches Abenteuer erleben.
Der Gundacker Schaugarten
Der Schaugarten der Familie Gundacker liegt am Rückweg von der Schallaburg Richtung Melk in Winden. Der beeindruckende Garten voller mächtiger Bäume und Gehölze aus aller Welt entsprang der Fantasie eines Meister-Fleischhauers. Karl Gundacker sammelte auf Gartenreisen in ganz Europa Wissen und Samengut und pflegte seine Leidenschaft, die er mit Frau Sigrid und Tochter Gisela teilt.
Lange war dieses Kleinod ein gänzlich privates Vergnügen, in dem der Fleischer seinem eigenen Glück nachging. Erst mit Tochter Gisela wurde es auch für Außenstehende zugänglich. Begeistert führt uns die studierte Landschaftspflegerin durch das Gelände und zeigt auf Magnolien, Pfingstrosen, Funkien und zu Bäumen herangewachsenen Thujen.
Eine Reise von Land zu Land auf 45.000 m² machen wir heute, entstammen die 4.000 Pflanzenarten doch der ganzen Welt. Die Hanglage der Pflanzenwelt schafft verschiedene Kleinklimate, denen die einzelnen Gehölze und Stauden mit Bedacht zugewiesen werden. Darunter finden sich nicht wenige Pflanzen, die vom Aussterben bedroht sind und hier bei den Gundackers ihr Kleinod gefunden haben, wie etwa die Japanische Eiche.
Dass in dem Garten alles so wunderbar gedeiht, grünt und blüht, liegt an vielfältigen Gründen. Zuallererst natürlich an der liebevollen Pflege und Hingabe sowie einem besonders grünen Daumen in der Familie. Aber auch andere Einflüsse spielen hier mit, etwa die Nordhanglage des Gartens und das pannonische Klima der Wachau. Besonderer Fokus wird auf die naturnahe und ökologische Pflege der Pflanzen gesetzt. So entsteht ein immerwährender Kreislauf, in dem Blätter und Hölzer liegen bleiben dürfen, die in Herbst und Winter als Kälteschutz und Zuhause für Nützlinge wie den Hirschhornkäfer dienen.
Unser Tipp: Jeden Freitag gibt es in der Gartenwelt Gundacker eine Führung mit anschließender Weinverkostung der besten Wachauer Weine. Mehr Infos dazu finden Sie auf visitmelk.com.