Hausbesuch im Schwadengütl in Gosau
Mitten im Salzkammergut, einen Steinwurf vom Dachstein und dem Gosausee entfernt, steht das Schwadengütl. „Schwaden wird bei uns das Gras genannt, das in langen Schlangen zum Trocknen auf der Wiese liegt – daher der Name“, erklärt uns Karin Egger gleich bei der Begrüßung.
Jetzt liegt draußen allerdings Schnee, es ist ja mitten im Winter. Aber dass sie und ihr Mann Hans etwas für das Authentische, das Ursprüngliche übrighaben, merkt man sofort. Auch an ihrem Gewand. Er trägt ein Trachtenjopperl, sie ein Dirndl – und alles wirkt natürlich und echt an ihnen. „Ich bin halt mit Leib und Seele mit meiner Heimat verbunden. Ich wollte auch nie weg von hier und halte Traditionen aufrecht“, sagt die Bankangestellte.
Kein Wunder, dass Karin schon als kleines Mädchen davon geträumt hat, das Schwadengütl, in dem sie mit ihren Eltern und Oma Rosa aufgewachsen ist, einmal ganz für sich zu haben.
Ich war sechs, als wir nebenan in das selbstgebaute, schöne neue Haus umgezogen sind. Aber ich hatte immer Sehnsucht nach dem Duft in der alten Küche, wenn die Oma Griesmus gekocht hat. Sie stand am Ofenherd und rührte am Schluss Butter, Butter und noch einmal Butter hinein, bevor sie dann Zimt und Zucker drüberstreute.Karin Egger über ihr altes neues Zuhause
Heute ist sie selbst Mutter von drei Kindern. Dennoch kommt es ihr wie gestern vor, als für sie Süßes zubereitet wurde. Oder dass die Oma im Sommer auf einem Bankerl unten an der Straße saß und Milch, Eier und Butter an die ersten Touristen verkaufte, die zum Gosausee unterwegs waren.
Der beste Mann, die größte Sorge
„Als ich dann meinen Hans kennengelernt hab und ein paar Kilometer weiter zu ihm nach Rußbach am Pass Gschütt gezogen bin, dachte ich mir: ,Jetzt hast zwar den besten Mann der Welt, der Traum vom Schwadengütl ist allerdings ausgeträumt‘“, erinnert sich Karin und lacht. Doch die Wunschfee hat sie nur ein bisschen zappeln lassen. Hans, der neben seinem Beruf als Postbusfahrer noch Norikerpferde züchtet und ein Tausendsassa in Sachen Handwerk ist, war nämlich sofort begeistert, als Karins Vater ihr vor vier Jahren das Gütl übergab.
Auch wenn das Haus damals keinen erfreulichen Anblick bot. Besonders innen. „Es war zwar schon vieles vom Papa hergerichtet worden, aber die Jahrhunderte hatten Spuren hinterlassen. Vor allem die letzten Jahrzehnte“, erzählt Karin.
Da wurde, oft in guter Absicht, so manche Sünde begangen. Indem etwa die Fenster ausgetauscht wurden, die aber bei weitem nicht mehr so schön waren wie die originalen. Und das herrliche Fichtenholz versteckte sich unter einer dicken Lackschicht, unter Linoleum oder unter Industrieplatten. Es brauchte unzählige Arbeitsstunden, bis Seifenlauge die Wände und Böden wieder neu erstrahlen ließ.
Es gab aber auch eine positive Überraschung: Auf dem Dachboden des Schwadengütls lagerte nämlich nicht nur Gerümpel, Karin und Hans fanden auch wahre Schätze. Von Karins Vater bis zurück zu den Ururgroßeltern konnte anscheinend niemand etwas wegwerfen. So stand etwa der Hochzeitsschrank von Ururgroßmutter Amalie noch da, und es tauchten auch die originalen Fenster wieder auf und alte Scharniere.
Außerdem wurden Urkunden aus dem frühen 19. Jahrhundert entdeckt, Haushaltsbücher, ja sogar die Liebesbriefe, die Oma Rosa ihrem Mann in den Krieg schrieb. „Ich habe Wochen dort oben verbracht, hab Sachen sortiert und bin eingetaucht in die Geschichte unserer Familie“, gerät Karin ins Schwärmen.
Für sie und Hans stand fest, dass zwar Küche, Bad und verschiedene Möbel neu gemacht werden mussten, aber alles, was noch verwendbar war, sollte seinen Ehrenplatz bekommen. Und wieder hat die Wunschfee das Ihre beigetragen: „Sie hat uns den Michael Gsenger, einen jungen Tischler, geschickt“, sagt Karin voll Freude. „Er hat die alten Fenster restauriert, sie sind auch wieder ganz in der Tradition des Salzkammerguts gestrichen: die Rahmen weiß mit rotem Rand, die Fensterläden grün.“
Außerdem zimmerte der Michael mit viel Liebe eine große Sitzecke für die Küche. Und die Stalltüre, die das Ehepaar fand, wurde in der Stube flugs zur Tischplatte umfunktioniert. „Er hat uns auch die Außentüre originalgetreu nachgebaut, sogar mit Bettlerfenster“, erzählt Hans stolz.
Nur bei den Betten wurde gestreikt
Wie von den Hausbesitzern geplant, zieren heute viele der am Dachboden gefundenen Möbel und Dekorationsgegenstände ihr Heim. Karin verwirklichte sogar ihre Idee, die übrig gebliebenen Fensterrahmen wie Bilder aufzuhängen. Nur bei den alten Betten hat sie gestreikt: „Die sind viel zu kurz und außerdem war mir das dann doch zu viel Geschichte“, murmelt sie. Der Michael hat dann aus Zirbenholz neue Schlaflager gebaut.
Wer ins Schwadengütl kommt – im Erdgeschoß befinden sich die Küche, das Bad und die Stube, im oberen Stock die Schlafzimmer –, fühlt sich jedenfalls sofort wohl. Das Ambiente strahlt Behaglichkeit aus, Alt und Neu fließen harmonisch ineinander wie Yin und Yang.
So gibt es etwa eine Pelletsheizung, wohlige Wärme strahlt aber auch der rustikale, grün geflammte Kachelofen ab, der die Stube schmückt. „Kaum zu glauben, dass die Oma in meiner Kindheit hier noch riesige Waschtröge aufgestellt und die Sachen ausgekocht hat“, schwelgt Karin in Erinnerungen.
Heute pendelt sie mit ihrem Hans zwischen dem rund sechs Kilometer entfernten Rußbach und dem Schwadengütl hin und her. „Das ist meine Ruheoase. Und später, wenn die Kinder groß sind, werde ich hoffentlich hier uralt werden“, sagt sie. Und man merkt, wie sehr sie sich auch schon auf diesen Lebensabschnitt freut.
Servus-Empfehlung: Das Schwadengütl kann man auch mieten. Info: www.schwadenguetl.at
So wird's gemacht: Wie man altes Holz mit Seifenlauge strahlen lassen kann
Wie oft in alten Häusern, waren auch im Schwadengütl Holzböden, -wände, -tram etc. stark verschmutzt. Um das schöne alte Fichtenholz wieder glänzen zu lassen, haben sich Karin und Hans Egger daher an die Schule für Holztechnik in Hallstatt gewandt und sich nach der besten Reinigungsmethode erkundigt: Es ist einfache, natürliche Seifenlauge.
Karin: „Ich hab im Drogeriemarkt Schmierseife gekauft und eine gute Handvoll davon in einen Kübel mit heißem Wasser gegeben.
Achtung: Warten Sie nicht darauf, dass das Wasser schäumt, das passiert bei einer Lauge nicht!
Dann mit einer Reibbürste und einem Fetzen – keinesfalls einem Drahtwaschel – wochenlang, viele Stunden immer wieder putzen, bis das Wasser nicht mehr schwarz ist und das Holz frisch und kräftig wirkt.“
Zusatz-Empfehlung: Von Ölen und Beizen ist abzuraten. Die lassen das Holz nicht atmen. Und extreme Verschmutzung oder Farbe kann oft nur noch mittels Sandstrahlen bzw. Schmirgelpapier entfernt werden.