Hausbesuch in einem Jagdhaus am Schneeberg
Eine holprige, schmale Sandstraße schlängelt sich an einem Bach entlang durch das Waldgebiet in Niederösterreich. Hier ist weit und breit kein Haus mehr zu sehen, und nur das Rauschen des Bächleins und der Wind in den Bäumen sind zu hören. Fast schon kitschig, diese Stimmung, wie aus einem alten Wilderer-Film, aber wo bitte ist hier ein Jagdhaus?
Da kommt Sonja Menhofer schon winkend ein steiles Straßerl herunter, und über einen steinigen Steig erklimmen wir den Weg zum Haus. Das liegt ganz versteckt zwischen den Bäumen, dem Hang zur Straße und einem noch steileren Waldhang auf der Rückseite.
„Eigentlich war es ein altes Bauernhaus“, sagt Sonja Menhofer beim Hinaufgehen, „das haben wir zum Revier dazugekauft, beim Großvater und Vater meines Mannes gab es noch kein Jagdhaus.“ Jetzt stehen wir davor in einem kleinen Innenhof, der von einer Scheune und dem ehemaligen Stallgebäude begrenzt ist. Man sieht es dem kleinen Dreiseithof gar nicht an, dass er bis auf den alten Schweinestall neu aufgebaut wurde.
Ein Ziegelboden als besondere Rarität
„Anfang der 1990er-Jahre wollten wir das Haus komplett renovieren“, erzählt Sonja Menhofer, während wir das Haus betreten, „doch das war nicht mehr möglich, es war schon zu kaputt, es ist still und leise in sich zusammengebrochen.“ Also haben die Menhofers alte Häuser in der Umgebung bis zu den Fensterleibungen dokumentarisch fotografiert, um das Haus so wieder aufzubauen, wie es einmal dagestanden ist.
Die Rundlings-Deckenbalken der Innenräume stammen aus einem Wiener Abbruchhaus. Sie wurden von den Handwerkern, die den Innenausbau übernahmen, verkehrt herum verlegt, mit der runden Seite in den Raum. Wie beim Original wurde die Decke aber nicht isoliert, das heißt, man hört hier jeden Schritt, und manchmal bröselt der Staub durch den Plafond. Auch der Ziegelboden im Vorhaus kommt aus dem Wiener Abbruchhaus, es sind alte Dachboden-Ziegelplatten, die man heute fast nicht mehr findet. Als Ziegelfachmann wusste Kurt Menhofer diese Rarität besonders zu schätzen.
Die Liebe zur Natur, zum Wald und zur Jagd wurde dem Badener Unternehmer schon in die Wiege gelegt: Seit Generationen ist das Jagdrevier im südlichen Niederösterreich in Familienbesitz, und der kleine Kurt ging regelmäßig mit seinem Vater auf die Pirsch. „Der beste Platz, um die Alltagsgedanken abzuschütteln“, schildert Kurt Menhofer seine Passion, „ist für mich der Hochsitz im Wald. So rastlos ich normalerweise im Tagesgeschäft bin, hier überkommt mich umgehend Ruhe und Gelassenheit.“
Ein geschickter Tischler für Massmöbel
Schon der Großvater und der Vater haben hier Forst- und Holzwirtschaft betrieben, und es war für Kurt Menhofer selbstverständlich, diese Verpflichtung zu übernehmen. „Es kommt drauf an, wie man die Jagerei vermittelt bekommt. Wenn man wie ich damit aufwächst, ist es bereichernd und ganz selbstverständlich.“ Für die Ehefrau wäre es vielleicht nicht so selbstverständlich gewesen, aber für Sonja Menhofer, die aus Kärnten stammt, war es von Anfang an stimmig. Auch ihr Vater ist passionierter Jäger, so hat alles bestens gepasst.
Doch auf die Jagd begleitet Sonja ihren Mann eher selten, ihr Zugang zu diesem Platz ist ein etwas anderer. „Das ist schnell gesagt“, erklärt Sonja Menhofer und lächelt, „Erholung, Ruhe, Natur! Hier ist es ideal für gemütliche Familienwochenenden, kuschelige Weihnachten und lange Sommerabende abseits vom Alltag.“
Die Einrichtungsgestaltung hat Sonja gerne übernommen. So finden sich hier neben den allgegenwärtigen jagdlichen Dekors und Trophäen auch weibliche Elemente wie schöne Vorhänge, Decken und viele Polster in allen Räumen. Sonja Menhofer bevorzugt Naturmaterialien wie Leinen, Loden, Filz und hat für sich Erd- und Naturfarben sowie Grau als durchgehende Linie wiederentdeckt.
Da das Haus für eine fünfköpfige Familie – die Menhofers haben drei erwachsene Kinder, die seit neuestem gerne wieder herkommen – etwas eng ist, wurden auf allen Ebenen Einbaumöbel verwendet.
Zum Glück fand sich ein geschickter Tischler, der bis heute die anfallenden Sonderanfertigungen erledigt. Komplettiert wurde die Einrichtung durch Flohmarktfunde und schöne alte Möbel. Über die Jahre wurde aber vieles immer wieder verändert. Da sind sich Kurt und Sonja Menhofer einig, Umdekorieren und Umstellen bereitet dem Ehepaar gemeinsam Freude.
„Im ersten Sommer“, nimmt Sonja ihren Faden wieder auf, „war ich schwanger mit unserem dritten Kind und die älteren auch erst fünf und sieben, es war ein Paradies hier in der Einschicht. Die Kinder sausten im Wald herum, und es gab herrliche Kinderfeste, unvergesslich schön!“
Wanderungen auf die Mamauwiese
Doch als die Kinder ins Teenageralter kamen, hatte der Jagdherr seine „Hütte“ öfter für sich allein, denn das Haus sollte für die Familie auch keine Dauerverpflichtung sein. „Wir fahren gerne auch einmal ans Meer oder besuchen andere schöne Landschaften“, meint Sonja Menhofer, und ihr Mann nickt zustimmend. Doch in den letzten Jahren wird das Waldhaus wieder vermehrt zum Familientreff. Die Kinder, ein Sohn und zwei Töchter, kommen allein oder mit Freunden übers Wochenende, genießen hier die Stille und selbstverständlich auch ihre Kindheitserinnerungen.
Und nicht nur das nahe, auch das weitere Umfeld, die Gegend um Puchberg am Schneeberg, ist schön und interessant. „Hier kann man wunderbar wandern“, berichtet Sonja Menhofer, „von hier aus auf die Mamauwiese zu gehen und weiter auf den Schneeberg, das lieben wir alle“.
Dieser Hausbesuch erschien im November 2013 in Servus in Stadt & Land.
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