Gsiberger Omlett alias Spinatpalatschinken

Also: Bevor’s hier sanft und seelenvoll wird, müssen einmal alle, die nicht aus dem Ländle stammen, sehr stark sein. Es geht hier um mein Lieblingskindheitsessen. Und weil ich meine Kindheit in Vorarlberg verbrachte, handelt es sich dabei, nein, nicht um Kässpätzle, sondern um eine ungleich zartere, wenn auch kaum weniger mollige Speise namens Spinat-Omlett.

Nun sollte man aber Folgendes wissen: Unter einem Omlett versteht man in Vorarlberg nicht das, was man fast überall anders darunter versteht – also ein gequirltes Ei, das in einer Pfanne gebacken und dann gefaltet wird, entweder pur oder belegt. Ein Vorarlberger Omlett dagegen entspricht dem, was überall anders in Österreich als Palatschinke bezeichnet wird; ja, es ist nun mal so, man muss es halt akzeptieren.

Die Mehrzahl von Omlett ist übrigens Omlett.

Und man betont es auf der ersten Silbe. OMMMlet. Und das ist nun die Lieblingsspeise meiner Kindheit: das Spinat-Omlett. Eine Mahlzeit, frei von jeglicher Raffinesse, aber dennoch derart wunderbar, dass ich sie auch meinen Kindern immer und immer wieder machte, wenn mir nach etwas war, das unsere Seele wärmt.

Und wir alle, meine schon erwachsenen Kinder und ich, wünschen es uns immer wieder von meiner Mutter, wenn wir bei ihr auf Besuch sind und sie noch immer fragt: Was soll ich für euch kochen? Spinat-Omlett, Oma! Soulfood nennt man das heutzutage, und um so etwas handelt es sich beim Spinat-Omlett.

Auch wenn meine Mutter, mit Suppe davor, einen großen Berg davon öfter auch deshalb zum Mittagessen machte, weil es sich gut mit einem schmalen Haushaltsbudget vertrug. Man bäckt also einen Berg Palatschinken und wärmt nebenbei Cremespinat aus dem Tiefkühlpackerl auf. Man kann knackigen grünen Salat dazu vorbereiten, das stört nicht.

Und natürlich ließe sich das Omlett auf vielerlei Weise verfeinern: Man könnte geriebenen Käse hineinstreuen. Man könnte ein paar fertig gefüllte und gerollte Omlett in ein Kasserolle betten, mit weiterem Käse bestreuen und für ein paar Minuten in den Ofen schieben. Man könnte frischen Blattspinat verwenden und ihn raffiniert würzen. Das machen wir aber nicht.

• Ein original Spinat-Omlett wird so gegessen: Man sitzt um einen Tisch, in dessen Mitte ein Berg aus warmen, fluffigen Omlett wartet, schnappt sich möglichst vor seinen Geschwistern eins herunter, legt es sich auf den Teller, verteilt einen großen Löffel heißen, duftenden Cremespinat gleichmäßig darauf, lässt rundherum einen kleinen Rand frei und rollt es auf. Wenn man es jetzt anschneidet, quillt erst mal an beiden Enden der heiße, mollige Spinat heraus, und dann hat man vor sich am Teller diese duftende Omlett-Spinat-Schnecke … Ich kann nicht weiterschreiben, ich habe Hunger, ich muss mir was kochen. Und ja, ich hab natürlich immer Cremespinat im Gefrierfach.

Zur Autorin: Doris Knecht ist Schriftstellerin und Kolumnistin und lebt in Wien und im Waldviertel. Ihr aktuelles Buch: „Eine vollständige Liste aller Dinge, die ich vergessen habe“ (Hanser Verlag).

Dieses Rezept erschien in Servus in Stadt & Land im April 2024 in der Rubrik „Aus Omas Kochbuch“.