Hauptspeise

Krautfleckerl mit Paprika

Nicole Kolisch liebt die Krautfleckerl ihrer Oma. Ihr besonderes Geheimnis: das Karamellisieren des Krautes.

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Foto: Stephanie Golser
Besonders gut schmecken die Krautfleckerl mit einer Prise Paprikapulver.  

Gut zu wissen:

  • Am besten das Kraut schon am Abend davor dünsten, so gewinnt es über Nacht an Geschmack.

  • Dazu gibt’s grünen Salat mit einer Marinade aus Öl, Zitronensaft und Zucker.

Von Krautfleckerln und Superkräften

Meine Omama saß in keinem Apfelbaum. Sie stand in der Küche und karamellisierte Zwiebeln. Wodurch die Welt jedes Mal ein Stückchen besser wurde. Zumindest meine.

Wie die Oma das mit den Krautfleckerln hingekriegt hat, ist mir ein Rätsel. Wobei: nicht die Fleckerln per se. Die wurden fertig gekauft. Die Oma hatte zwar geschickte, stets geschäftige Hände, war aber absolute Pragmatikerin: Arbeit dort zu investieren, wo Maschinen es ebenso gut konnten, schien ihr unsinnig. In der gewonnenen Zeit häkelte sie lieber noch eine Puppenweste.

Feinschliff und Küchenzauber konzentrierten sich also auf die Krautkaramellisierung. In meiner Erinnerung hatte die Oma dafür ein kleines emailliertes Reindl, dunkelbraun, im Durchmesser kaum größer als meine dreizehnjährigen Mädchenhände. Heute weiß ich, dass in dieses Reindl unmöglich ein ganzer Krautkopf gepasst hätte. Nicht einmal ein Viertel. Aber ich bin geneigt zu glauben, dass die Oma einfach alles konnte und die rein physikalische Begrenzung eines Reindls lachhaft war in Anbetracht ihrer Superkräfte. Beweise dafür fand ich überall.

Die Oma konnte zum Beispiel Lieder mit unanständigen Wörtern singen, ohne dass sie dafür von meinen Eltern sanktioniert wurde. Hatte eines dieser Lieder 72 Strophen, behielt sie tatsächlich alle 72 Strophen im Gedächtnis – und brachte sie mir unter dem Siegel der Verschwiegenheit bei. Sie konnte auch vierblättrigen Klee wachsen lassen: Auf Wiesenstücke, die ich erfolglos Zentimeter für Zentimeter abgesucht hatte, warf sie einen einzigen geschulten Blick – schon spross einer aus der zuvor glücklosen Erde.

Jeden Montag, wenn die Mama erst später aus der Arbeit kam, schlüpfte ich zu Mittag in Omas Küche. Während ich meine Schultasche neben die Kredenz pfefferte, pfefferte die Oma die Krautfleckerln, um ihnen den letzten Schliff zu verleihen. So wurden sie gleichzeitig süß und scharf, weich und knackig.

Sie trösteten über die Ungerechtigkeit hinweg, dass es in der Welt Mathematik und Liebeskummer gab, dass es noch neunzehnTage bis zum nächsten Taschengeld dauerte und dass Wien nicht am Tourneeplan von Depeche Mode lag. Natürlich waren diese Missstände kein Ruhmesblatt für die Welt. Aber es war eben auch eine Welt, in der es Krautfleckerln gab. Und die Oma. Vielleicht war sie am Ende doch nicht so übel, diese Welt.

Zum Autor: Nicole Kolisch, Enkelin und leidenschaftliche Hobbyköchin sowie Chefredakteurin des Magazins carpe diem, lebt in Wien.

Dieses Rezept erschien in Servus in Stadt & Land im Februar 2020 in der Rubrik „Aus Omas Kochbuch“.

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Menge Zubereitungszeit Gesamtzeit
5 Portionen 1 Stunde 1:30 Stunden
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Zutaten
600 g Weißkraut
2 TL Salz
2 TL Kümmel
1 mittelgroße Zwiebel
1–2 EL Schweineschmalz
2 EL brauner Zucker
etwas Wasser oder klare Suppe
2 TL Paprikapulver
Pfeffer
500 g Fleckerln
Petersilie zum Garnieren
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Zubereitung
  1. Weißkraut feinnudelig schneiden oder in der Küchenmaschine raspeln. (Nicole Kolisch: „Ich weiß, dass das Kraut auch oft in Fleckerlform geschnitten wird, aber bei meiner Oma hat’s immer aus­gesehen wie Sauerkraut.“)

  2. Kraut mit Salz und Kümmel mischen und 20 Minuten ziehen lassen.

  3. Zwiebel in kleine Würfel schneiden, in Schmalz anrösten, Zucker in die Mitte geben und karamellisieren. Ein Auge darauf haben, aber nicht zu ängstlich sein.

  4. Kraut gut ausdrücken und dazugeben. Etwas Wasser (oder klare Suppe) angießen, mit Paprika und Pfeffer würzen (es darf ruhig ein bisschen scharf sein). Ca. 30 Minuten weich dünsten.

  5. Fleckerln in Salzwasser bissfest kochen, abseihen, gut mit dem Kraut vermischen, kurz durchziehen lassen und mit einem Stangerl Petersilie drauf servieren.

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