Hauptspeise

Rindsrouladen mit Hörnchen

Das wöchentliche Familienessen bei der Oma von Standard-Journalistin Anna Sawerthal war ein Paradebeispiel für eingespielte Abläufe – und doch etwas Besonderes. Geschmeckt hat es immer fantastisch, aber am besten ihre „Einrollen“.

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Foto: Ingo Eisenhut
Mit Karotten und Gurkerl gefüllt, in Saft mit viel Hörnchen serviert – so schmecken die Rouladen am besten.  

Mengenangaben sind bei den Rezepten meiner Oma so eine Sache. Sie war nämlich keine Analytikerin und schon gar keine Mathematikerin. Sie hat nach Gefühl gekocht, und daher gab es bei ihr nur zwei Mengen: „für uns“ und „für alle“.

  • Für uns – das hieß: für sie und den Opa.

  • Für alle – das hieß: für sie, den Opa, ihre Tochter (meine Mama), meinen Papa, meine Schwester, meine andere Schwester, meinen Bruder und mich.

Als ich in den Neunzigern im zweiten Wiener Gemeindebezirk aufgewachsen bin, gehörte der Besuch am Sonntag bei der Oma zur allwöchentlichen Routine. Die Oma ist ebenfalls im Zweiten aufgewachsen und ging jeden Freitag auf den Markt, wo sie die vielen Zutaten einkaufte, die sie für das sonntägliche Kochen „für alle“ brauchte.

Die Marktgänge, das Kochprozedere, das alles war ein Paradebeispiel für das, was man Routine nennt. Im Winter etwa wurde pünktlich um 12 Uhr die Ski-Übertragung im Fernsehen abgedreht, wenn die Oma die Suppe servierte. Es war ein Fixtermin, der für mich als Kind immer wieder einen besonderen Moment darstellte, vor allem wenn die Oma mein Lieblingsgericht, Rindsrouladen, kochte.

Omas Menüs haben immer fantastisch geschmeckt

Da hat sie sich früh am Morgen die alte Schürze umgebunden, um die Schnitzel zu klopfen, um Wurzelgemüse in Streifen zu schneiden, um vielleicht noch Frittaten für die Vorspeise zu machen und Pudding als Nachspeise aufzuschlagen, den sie in den immer gleichen Gläsern mit Stiel im Kühlschrank kalt stellte.

Da gab es keine Abweichungen: Die Rouladen waren immer butterweich, die Sauce immer gleich sämig, die Hörnchen immer weich. Erst später habe ich gelernt, dass das Gericht eigentlich „Rindsrouladen“ heißt. Für mich waren es immer die „Einrollen“, so, wie die Oma sie genannt hat. Und erst noch später habe ich verstanden, dass Rindsrouladen ein Standardwerk der österreichischen Küche sind und kein Omazauber.

Die Kochtradition lebt weiter

Je älter ich wurde, umso älter wurde auch die Oma. Irgendwann haben die Beine nicht mehr so mitgemacht, wie sie wollte, und das lange In-der- Küche-Stehen wurde immer schwieriger.

Also hat mein Bruder übernommen: Unter ihrer Anleitung hat er gelernt, genau so zu kochen wie sie. Über die Monate und Jahre, die die Oma noch im hohen Alter lebte, hat er ein Rezept nach dem anderen von ihr übernommen. Sie saß im kleinen Wohnzimmer in ihrem Fauteuil, er stand in der alten Küche und ließ sich aus der Ferne befehlen: „Wasser aufsetzen!“, „Nicht zu lang anbraten!

Oder er ging mit dem Schneidbrett, auf dem das gestiftelte Gemüse lag, zu ihr: „Ist die Größe so richtig?“ So leben ihre Rezepte weiter, auch nachdem sie selbst nicht mehr unter uns ist. Wenn ich jetzt Gusto auf „Einrollen“ habe, dann rufe ich meinen Bruder an. Und er kocht sie – je nachdem, wer noch mitkommt, entweder „für uns“ oder „für alle“.

Zur Autorin: Anna Sawerthal ist Journalistin im Auslandsressort des „Standard“. Sie hat Tibetologie und Buddhismuskunde studiert und fährt regelmäßig nach Tibet und Nepal. Ihr Lieblingsgericht dort ist Dal Bhat: Reis mit Linsen und Gemüsecurrys der Saison.

Dieses Rezept erschien in Servus in Stadt & Land im Juni 2024 in der Rubrik „Aus Omas Kochbuch“.

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Menge Gesamtzeit
4 Portionen 1:45 Stunden
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Für die Rouladen
4 Rindschnitzel
4 TL scharfer Senf
Senf, Pfeffer
4 Scheibe(n) Schinkenspeck
1 große Karotte, in Streifen geschnitten
4 große Essiggurken, in Streifen geschnitten
2 EL Kapern
Für die Sauce
2 Zwiebeln
500 g Wurzelgemüse (z. B. ¼ Stk. Sellerie, 2 Karotten, 2 Gelbe Rüben)
1 EL Tomatenmark
1 TL getrockneter Majoran
125 ml Rotwein
evtl. etwas Maisstärke oder Sauerrahm
Für die Beilage
Hörnchen
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Zubereitung
  1. Schnitzel dünn klopfen, mit Senf bestreichen, salzen und pfeffern. Jeweils mit einer Scheibe Speck, einigen Streiferln Karotten, Essiggurkerln und Kapern befüllen. Anschließend einrollen und mit Zahn-stochern fixieren.

  2. Für die Sauce gewürfelte Zwiebeln in einem großen Topf anschwitzen. Wurzelgemüse schälen, klein schneiden, zu den Zwiebeln geben und anrösten. Salzen, pfeffern und Tomatenmark einmischen. Mit Majoran würzen und mit Rotwein ablöschen.

  3. In der Zwischenzeit die Rouladen kurz anbraten und herausnehmen. Die Pfanne mit Wasser aufgießen und den entstandenen Saft auf die Gemüsesauce leeren. Rouladen einlegen und mit kochendem Wasser ganz bedecken. Zugedeckt 1 Stunde dünsten.

  4. Danach nach Wunsch die Sauce passieren und mit Maisstärke und/oder Sauerrahm binden.

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