Der Galtürer Enzner: Über den Enzianschnaps mit Tradition
Das Graben von Enzianwurzeln und die Herstellung von Enzianschnaps haben im Tiroler Galtür seit Jahrhunderten Tradition. Die Ernte ist streng limitiert und der echte Galtürer Enzner deshalb äußerst selten. Ab Herbst 2021 könnte sich das ändern.
Eine Tradition entsteht
Schon seit Menschengedenken wird in Galtür Enzian gegraben. Manche Familien lebten sogar vom Schnapsbrennen. Bereits seit dem Mittelalter ist Enzianbitter als wohltuende Magenarznei bekannt. Doch das Graben und Brennen der seltenen Wurzel wurde so populär, dass der Bestand ernsthaft in Gefahr geriet. In den 1960-er Jahren wurde die Wildpflanze deshalb unter Naturschutz gestellt. Man kämpfte in Galtür und konnte vor Gericht tatsächlich eine Ausnahme erstreiten.
Vom Brauchtum zum Kulturerbe
Seitdem werden jedes Jahr am 8. September, dem Galtürer Kirchtag, insgesamt 13 Grabungsrechte für jeweils 100 Kilogramm Enzianwurzen verlost. Daraus können jeweils 6 bis 8 Liter Schnaps gebrannt werden. Diesen begehrten Galtürer Enzner gibt es nicht zu kaufen. Unter Galtürern heißt es deshalb nicht zu Unrecht, man müsse ihn sich hart verdienen. Im November 2013 wurde das Wissen um die Standorte, das Ernten und das Verarbeiten des Enzians in das Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes in Österreich aufgenommen. So entwickelte sich das Brauchtum zum Kulturerbe.
Einen Enzner bekommt man nicht geschenkt, man muss ihn sich hart verdienen.Das ist den Einheimischen klar.
Heimat des punktierten Enzians
Doch was macht den Galtürer Enzner so besonders? Galtür ist eine der wenigen Regionen Österreichs in denen neben dem Gelben Enzian (Gentiana lutea), welcher im Kalkgebirge beheimatet ist, auch der punktierte Enzian (Gentiana punctata) wächst. Die seltene Wildpflanze gedeiht nur im kristallinen Hochgebirge und liebt Höhenlagen zwischen 1800 und 2600 Meter. Gelber Enzian entwickelt sich aus kleinen, kohlkopfähnlichen Blattbüscheln und kann bis zu 60 Jahren alt und einen Meter hoch werden. Erst ab dem fünften Jahr bildet er Blüten aus und seine Wurzeln können zu einem erdig-aromatischen Schnaps verarbeitet werden.
Tipp: Mehr über die Herstellung des Galtürer Enzners erfährt man im Alpinarium. Dort informieren zwei Themeninseln zu Geschichte, Ernte, Verarbeitung und Heilkraft des Gelben und des punktierten Enzians.
Ein Enzner hilft gegen fast alles!So wissen es die Einheimischen seit Jahrhunderten.
Ein Kraut für alle Fälle
Gelber Enzian wurde schon im Altertum als Heilpflanze beschrieben. In kleinen Mengen getrunken, gilt der aromatisch-erdige Enzner bei den Einheimischen als Medizin, die gegen fast alles hilft. Die Wirkung der Heilpflanze beruht fast ausschließlich auf Bitterstoffen. Das im Gelben Enzian enthaltene Amarogentin ist der bitterste bekannte Naturstoff der Welt. Neben den bekannten, traditionellen Anwendungsgebieten bei allen Arten von Magenbeschwerden, wird der Pflanze auch großes Potential bei äußerer Anwendung zugeschrieben. So wirkt eine Tinktur aus Gelben Enzian auf der Haut zum Beispiel entzündungshemmend und beschleunigt die Wundheilung.
Anbau als Nutzpflanze
Im Jahr 2017 startete der passionierte Galtürer Schnapsbrenner Hermann Lorenz in Kooperation mit der Landwirtschaftskammer Tirol das Projekt „Galtürer Enzian“. Dazu wurden auf einem ehemaligen Acker zwischen Galtür und Wirl 12.000 vorgezogene Enzianpflanzen kultiviert. Der Versuch glückte, der Gelbe Enzian gedeiht ganz ausgezeichnet: Die Höhenlage ist perfekt, die Erde ideal und der Wind, der auf 1600 m Meereshöhe täglich weht, schützt die Pflanzen vor Pilzerkrankungen. So blüht der erste kultivierte Galtürer Enzian inzwischen auf über 5.000 Quadratmetern. Im Herbst 2021 ist es soweit und das Feld kommt nach fast sechs Jahren Wachstum erstmals zur Ernte. Dann gibt es ihn auch zu kaufen, den echten Galtürer Enzner. Wenn auch nicht in großen Mengen.
Vorbestellungen unter:
Hermann Lorenz
schnaps@enzner.at
www.enzner.at
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