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Brauchtum

Königlicher Auftritt der Kränzlerinnen

Ihre Tracht anzulegen dauert oft länger als das Ankleiden der Braut. Wie die Kränzlerinnen im burgenländischen Stinatz den Hochzeiten im Dorf seit über 200 Jahren besonderen Glanz verleihen.

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Foto: Michael Reidinger
Die Stinatzerinnen Lena (links) und Hannah Wagner tragen die Tracht der Kränzlerinnen mit Würde.

„Schwer ist er nicht so“, sagt Hannah, „aber er zwickt und zupft.“ Dafür sieht er wunderschön aus, ihr Blumenkranz. Die 20-jährigen Zwillinge Hannah und Lena Wagner begleiten im burgenländischen Stinatz als Kränzlerinnen eine Dorfhochzeit, so wie es Mädchen hier schon seit über 200 Jahren tun, um Braut und Bräutigam einen besonderen Auftritt zu verleihen.

GUT ZU WISSEN: Heimatleuchten besucht eine Gegend, die gerade aus dem Dornröschenschlaf erwacht: ServusTV Heimatleuchten „Das Südburgenland – Liebe auf den zweiten Blick", am Freitag, 06.09. ab 20:15 Uhr

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Foto: Michael Reidinger
Die Krone aus Seidenröschen, Perlen, bunten Glaskugeln und goldenen Ähren mit Bändern ist der Blickfang der Kränzlerinnen-Tracht.
Servus Mondpost

Mit dem Festzug geht's zur Kirche

Die Kränzlerinnen und ihre Begleiter, die Kränzler, holen am Tag der Hochzeit das Brautpaar zu Hause ab und begleiten den Festzug mit der Musikkapelle zur Kirche. Nach der Trauung wird vor dem Gasthaus, in dem das Festessen stattfindet, musiziert, getanzt und gesungen. Nicht zu wild allerdings und mit Bedacht, denn der opulente Blumenkranz, den die Zwillinge auf ihrem Kopf balancieren, ist nur mit Haarnadeln fixiert.

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Foto: Michael Reidinger
Auf dem Weg durch den Ort Richtung Brautpaar macht die Kapelle ordentlich Lärm. Den Musikanten folgen die drei Kränzlerpaare.

Unterröcke, steif wie Pappe

Hannah und Lena sind heute schon um sieben Uhr in der Früh aufgestanden, ihre Mutter und die Großmutter haben sie geweckt und die aufwendige burgenlandkroatische Tracht, die so nur in Stinatz getragen wird, aus dem Kleiderschrank geholt. Die weißen Unterröcke der Tracht lagern zusammengerollt im Kasten – ihr Stoff sieht aus der Entfernung weich aus, ist aber steif wie Pappe. Damit die gestärkten Falten, die in mühsamer Bügelarbeit Zentimeter für Zentimeter in den Stoff gelegt werden, auch bei der nächsten Hochzeit akkurat aufeinanderliegen, wendet die Großmutter eine ihr eigene Rolltechnik an.

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Foto: Michael Reidinger
Unter der goldenen Seidenstola liegen Lagen von Stoff, die in einer speziellen Technik um Hannahs Körper drapiert werden.

Bis an der Tracht der letzte Knoten gebunden und die letzte Schleife zurechtgezupft ist, vergehen gut und gerne zwei Stunden. Dann werden Hannah und Lena von ihren Kränzlern abgeholt. Mit etwas Glück liegt der Weg, den sie zurücklegen müssen, in Gehweite – sitzend im Auto fahren können die Mädchen in ihren gestärkten Röcken nämlich nicht.

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Foto: Michael Reidinger
Beim Abholen des Brautpaars und vor dem Gasthaus, in dem die Hochzeitsgesellschaft feiert, werden Stinatzer Hochzeitstänze dargeboten.

Wie ein wertvoller Schatz

Zehn bis zwölf Stunden wird Lenas und Hannahs Tag heute dauern. Sie werden begeisterte Zurufe und Komplimente von Zaungästen und der Hochzeitsgesellschaft annehmen, beim Tanzen die Röcke fliegen lassen und gut gelaunt von Station zu Station marschieren. Damit machen sie nicht nur dem Brautpaar eine Freude – sondern auch den Stinatzerinnen und Stinatzern, die kommen, um das Spektakel zu sehen, und auf ihren alten Brauch zu Recht stolz sind.

Rund um die Kränzlerinnen herum wird ausgelassen gefeiert, die Mädchen selbst werden aber einen Bogen um Wein und Mehlspeisen machen; aus einem einfachen Grund: Sie dürfen sich nicht anpatzen. Es gibt kaum mehr jemanden, der ihre Tracht fertigen kann, und selbst wie man sie putzt, stärkt und bügelt, weiß als eine der Letzten nur noch die Oma der Zwillinge. Deswegen werden die Trachten gehütet wie ein wertvoller Schatz und ihre Trägerinnen geehrt wie Königinnen.

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Foto: Michael Reidinger
Der 13-jährige Johann Resetarits ist einer der Begleiter der Kränzlerinnen, ein Kavalier. Sein Filzhut ist aufwendig verarbeitet und in den typischen Farben der burgenlandkroatischen Tracht dekoriert.

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ServusTV Heimatleuchten geht der Frage auf den Grund, wie aus einer einst armen Region ein wahres Schlaraffenland geworden ist. Die Burgenländer haben aus der Not eine Tugend gemacht, sie sind schon Selbstversorger gewesen, als es noch kein Trend war. Und sie haben so den Grundstein gelegt für die zahleichen Manufakturen und Genusshandwerker, die heute mit Köstlichkeiten locken.

Heimatleuchten besucht eine Gegend, die gerade aus dem Dornröschenschlaf erwacht: ServusTV Heimatleuchten „Das Südburgenland – Liebe auf den zweiten Blick", am Freitag, 06.09. ab 20:15 Uhr

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