Aberglaube im Garten
Als es noch keine meteorologischen Vorhersagen gab, halfen Orakelpflanzen den Menschen, Prognosen zu erstellen. Den richtigen Zeitpunkt der Aussaat zeigte etwa der Odermennig (Agrimonia eupa toria) an, und zwar bereits im Jahr zuvor: Waren die unteren Blüten dichter entwickelt, schien eine spätere Aussaat im Frühjahr sinnvoll. Waren an der Spitze viele Blüten, wagte man eine frühe Aussaat.
Das Maiglöckchen (Convallaria majalis) wiederum verhalf zu folgender Deutung: Wenn vor Georgi (23. April) Maiglöckchen zu sehen sind, die im Inneren der Blütenkrone rote Streifen haben, so wird die Ernte viel Arbeit, aber wenig Nutzen bringen.
Warum es 10 Jahreszeiten bräuchte
Ein bisschen verlässlicher als derlei Orakelsprüche ist die Phänologie. Eine Wissenschaft, die auf jahrhundertealten Erfahrungen und Naturbeobachtungen basiert. Denn: Die vier Jahreszeiten kennt jeder, nur die Natur nicht. Oft genug beschert sie uns im Frühling noch starken Frost. Der phänologische Kalender teilt nun das Jahr in zehn Jahreszeiten und orientiert sich an charakteristischen Zeigerpflanzen. Demnach beginnt der Erstfrühling mit der Forsythienblüte und dem ersten Blattaustrieb der Stachelbeeren – zugleich jener Zeitpunkt, zu dem man mit der ersten Aussaat im Küchengarten beginnen kann.
Dennoch sind Orakelsprüche und Bauernregeln nicht zu belächeln, schließlich entstand aus ihnen das phänologische Prinzip, das ja periodisch wiederkehrende Entwicklungserscheinungen in der Natur nützt.
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Werfen Sie hier einen Blick ins Heft:
Die Astrologie der Bauern
Womit wir bei der Bauernastrologie wären. Das Leben der Landwirte war in alten Zeiten genau vorgezeichnet. Eine wichtige Rolle spielte dabei der Mond. Aber auch die Planeten und die Sternzeichen wurden ein bezogen. Man dachte, dass insbesondere die Sternzeichen auf sympathetischem Weg die Pflanzen beeinflussen.
Dieser „Sympathiezauber“ war eine der Grundlagen der Volksmedizin. Man ging von einem magischmagnetischen Band aus, mit dem Pflanzen, Tiere und Menschen untereinander und mit dem Kosmos verbunden sind. Über die Aussaat sagt die Sympathiemedizin zum Beispiel: Im Sternzeichen des Krebses soll man nicht säen, weil sich sonst die Saat verkriecht und nicht vom Fleck kommt. Im Steinbock dürfen weder Kartoffeln noch Erbsen gesetzt oder gesät werden, sonst werden sie steinig. Ein ungünstiges Zeichen für Kartoffeln ist auch Fische, denn da werden diese angeblich wässrig und faulen leicht.
Als gutes Sternzeichen gilt hingegen der Stier, denn: Kartoffeln im Stier werden groß wie dies Tier. Erbsen muss man säen, wenn der Mond durch Fische oder Wasser mann läuft, wo alsdann die in einem solchen Zeichen gesäten Erbsen sich eher weich kochen lassen. Bohnen sollen unter keinen Umständen im Zeichen der Jungfrau angebaut werden, da blühen sie in einem fort und setzen keine Früchte an, so wie bei den Weibern, die reden und reden, ohne dass etwas Gescheites herauskommt, ist in einem Buch aus 1791 nachzulesen.
Petersilie sollst du am Karfreitag säen, denn da bleibt sogar der Teufel daheim.
Tritt der Mond ins Zeichen des Schützen, soll man keine Zwiebeln stecken, weil diese dann in die Höhe schießen. Etwa Karotten, im Zeichen des Krebses angebaut, machen unzählige Verwurzelungen. Und die Regeln, wonach der Vollmond frisch gesteckte Zwiebeln aus dem Boden zieht und sich bei ab nehmendem Mond gesetzter Schnittlauch in der Erde verschlupft, finden wir ja auch in heutigen Mondkalendern.
Weniger bekannt sind dagegen Sprüche wie dieser: Benedikt macht die Zwiebel dick. Auch für Karotten sei dieser 21. März der richtige Tag zum Anbauen, denn dann würden sie bene-dik, also dick wie Beine. Derlei Wortspielereien finden sich auch in dem Rat, Petersilie am Peterstag (22. Februar) zu säen.
Zauberhafte Gärtnerflüche
Für nicht minder wichtig hielt man früher den „Wortzauber“. Demzufolge soll die Bäuerin bei der Aussaat von Flachs tüchtig fluchen und ins Feld hineinspucken – dann wird der Lein.
Von der magischen Wirkung des Schimpfens sprach schon Theophrastos von Eresos (371–287 v. Chr.) in seiner „Naturgeschichte der Gewächse“. Er beschrieb, dass manche Kräuter besser gedeihen, wenn man bei der Aussaat flucht und lästert.
Laut Volksglauben vertragen Kobolde, Hexen und Dämonen keine beleidigenden, drohenden und zornigen Worte. Allerdings sollte man es auch nicht übertreiben, denn ein Zuviel würde ihn anlocken, den Teufel, der sich geradezu von den Flüchen und Scheltworten der Menschen nährt und abmagert, wenn diese eingestellt werden.
Aber auch Lachen beim Aussäen ist förderlich, denn Lachen bedeutet Leben und Freude. In manchen Gegenden hielt man sich dagegen eher an die Bibel: Die mit Tränen säen, werden mit Freuden ernten ...
5 Pflanzen mit Zauberkräften im Volksglauben
Veilchen (Viola odorata)
Diese Frühjahrsblume ist im Volksglauben von viel Geheimnisvollem umgeben. Vor allem aber schrieb man ihr zu, besonders heilkräftig zu sein. Das Veilchen galt als Orakelpflanze:
Wenn man vor Josephi (19. März) blühende Veilchen findet und der Buchenwald vor Walpurgis (30. April) ausschlägt, gibt es eine frühe Ernte.
Wenn die Veilchen lange Stiele tragen, so sollte auch der Flachs lang werden.
Als Heilpflanze war das Veilchen schon Hippokrates bekannt. Im antiken Rom war es Sitte, sich bei Festen mit Veilchen zu bekränzen. Das galt als bestes Mittel gegen „Katzenjammer“. Im Mittelalter halfen Veilchen bei Brustleiden. Die Wurzel des Blümleins wurde gern gegen Husten und als Umschlag bei Hautleiden verwendet. Heutzutage wird das Veilchen nur noch selten in Hustenteemischun gen benützt, was schade ist. Denn es enthält in allen Pflanzenteilen schleimlösende Saponine. Im Tee hilft es, vom Winter „verstockte“ Atemwege durchzuputzen.
Petersilie (Petroselinum crispum)
Im Mittelalter wurde Petersilie eher als Zauberkraut verwendet. Vor allem schrieb man dem „Peterlein“ wohl wegen seiner harntreibenden Wirkung eine Stärkung der Manneskraft zu. Petersilie wurde auch nachgesagt, dass sie böse Geister abwendet. Will man sie im Garten selbst erfolgreich anbauen, gilt es ordentlich zu fluchen. Denn wie wohl jeder schon erfahren hat, sträubt sich das Allerweltssuppenkraut zu keimen. Also: Warum nicht lieber gleich schimpfen als später ...
Im Mittelalter hieß es, dass die Petersilie neunmal zum Teufel hin- und zurückgehen muss und deshalb so lange zum Keimen braucht.
Um dies zu verhindern, empfahl man, sie am Karfreitag auszusäen. Denn da bleibt sogar der Teufel daheim ...
Dass Petersilie so schlecht an wächst, ist aber auch rational zu erklären:
Sie zählt zu den Doldenblütlern, deren Samen nicht lange keimfähig sind.
Außerdem ist diese Pflanzenfamilie sehr wehrhaft: Petersilie, neben anderen Doldenblütlern wie Karotten oder gar Fenchel angebaut, wird nicht keimen.
Und dann kommt noch dazu, dass Petersilie mit sich selbst unverträglich ist, sie also jedes Jahr ein neues Plätzchen braucht. Besonders im Frühjahr sollte man viele Petersilienblätter verkochen, denn sie sind in der Rangliste eisenreicher Pflanzen absolute Spitze und lassen winterbleiche Wangen wieder erröten.
Dille (Anethum graveolens)
Sie gilt als typisches Frauenkraut. Beim Heiraten sollte die Braut in den Strümpfen Dill und Kümmel tragen und beim Durchschreiten des Kirchentores murmeln:
Ich hab in den Strümpfen Kümmel und Dill, jetzt muss der Mann tun, wie ich will.
Sollte die Frau diese Gelegenheit verpasst haben, ist das auch kein Problem. Wenn sie Dill anbaut, gilt der Spruch genauso. Und wenn sie dann den Dill ernten geht, murmelt sie:
Jetzt hab ich in der Küche Kümmel und Dill, jetzt Mann, schweige still!
Allerdings gilt es zu bedenken, dass zu viel Dill auch eine dämpfende Wirkung auf Männer hat, wie schon Hildegard von Bingen wusste. Sie empfahl den Herren Dill zur Unterdrückung sinnlicher Triebe.
Kürbis (Cucurbita)
Einem alten steirischen Brauch folgend soll man beim Aussäen einem Vorübergehenden einen Bären aufbinden. Dann werden die Früchte nämlich besonders groß. Schwindeln und Lügen gilt zwar gemeinhin als verwerflich, beim Gemüseanbau wird man es aber wegen des offensichtlichen Nutzens als verzeihlich empfinden.
Wahr ist hingegen, dass sich die Kerne des steirischen Ölkürbisses positiv auf männliche „Wechselbeschwerden“ auswirken.
Gerste (Hordeum vulgare)
Spricht man von Gerstensaft, denken Männer erst einmal an Bier, und das war schon immer so. Vielleicht stammt daher der Rat, dass man die Gerstenfrucht am Aschermittwoch ordentlich einnetzen, also mit Wasser begießen muss, damit sie gut keimt. Welches Glück für die Männer, dass man dieses Einnetzen auch symbolisch durchführen durfte, nämlich, in dem der Bauer an diesem Tag seine Kehle befeuchtet – ganz im Sinne der sympathetischen Wirkung natürlich am besten mit Bier.