Märchenhafte Kletterrose
Im Juni blühen allerorts die Königinnen der Blumen. Und das nicht nur zu ebener Erde. Wer den Blick hebt, den erwarten an Mauern und Pergolen die märchenhaften Blüten der Kletterrosen.
Als sich der Märchenprinz dem Dornröschen und der bis dahin undurchdringlichen Dornenhecke näherte, waren es auf einmal lauter große, schöne Blumen, die taten sich von selbst auseinander und ließen ihn unbeschädigt hindurch ...
Der schöne Prinz kam also offenbar ohne einen Kratzer davon. Dabei heißt es doch: „Bewundere eine Rose wegen ihrer Schönheit, aber vergiss nie, dass sie Dornen hat.“ Nun ja, ganz stimmt auch das nicht. Denn Kletterrosen haben, streng botanisch betrachtet, Stacheln. Und die sind – im Gegensatz zu Dornen – nur spitze Triebvorsprünge und keine echten Pflanzenorgane.
Neue Blüten für den alten Obstbaum
Das Märchen entspricht aber ganz der Wirklichkeit, was die Wuchskraft von Kletterrosen betrifft. Hoch hinauf klettern sie wie an der Mauer von Dornröschens Schloss. Das wirkt natürlich auch in jedem Garten märchenhaft. Man unterscheidet dabei zwischen „Climber“ und „Rambler“.
Erstere haben wunderschöne große Blüten, wachsen aber etwas steifer und erreichen „nur“ maximal vier Meter.
Rambler-Rosen hingegen erkennt man an den langen, biegsamen Trieben und an üppigen Büscheln aus kleinen Blüten. Außerdem können sie bis zu zehn Meter in den Himmel streben. Sie sind ideal, um hohe Rosenbögen, wuchtige Pergolen sowie kahle Hausmauern oder Schuppen in ein Blütenmeer zu verwandeln.
Immer beliebter werden Rambler-Rosen auch als Mitbewohner alter, kaum mehr beernteter Obstbäume. Im Juni und Juli, nach der Obstbaumblüte, sorgen sie dort für einen zweiten Blütenreigen.
Dazu pflanzt man sie etwa eineinhalb Meter vom Baumstamm entfernt, am besten in der Hauptwindrichtung, damit die Triebe bei rauem Wetter in die Baumkrone hinein und nicht herausgedrückt werden.
Als Starthilfe dient ein Kokosseil, das an einem starken Ast und im Boden stabil befestigt wird. So klettern die Triebe hinauf, und schon bald hält sich die Rose von selbst an Stamm und Zweigen fest. Der Baum sollte gesund und kräftig sein und einen Durchmesser von mindestens 30 bis 40cm haben, um die Rose dauerhaft tragen zu können. Rosen kann man aber nicht nur an Obstbäumen, sondern auch an anderen Gehölzen wachsen lassen, solange diese kräftig sind.
Kletterrosen (Rosa sp.)
Familie: Rosengewächse (Rosaceae)
Standort: Sonnig bis halbschattig; ein luftiger Platz lässt die Blätter rasch trocknen und beugt Krankheiten und Schädlingen vor.
Pflanzung: Im Frühjahr oder im Herbst in humusreichem, gut mit Kompost verbessertem Boden.
Pflege: Kletterrosen benötigen nur in den ersten beiden Jahren einen Schnitt, damit sie sich schön verzweigen; später ist nur noch ein Formschnitt bei Bedarf und das Ausschneiden abgestorbener Triebe nötig.
Blüte: beginnt je nach Sorte Anfang Juni und reicht bis in den August.
Ein weltliches Paradies aus Rosen
Die Geschichte der Rosen begann schon vor 30 Millionen Jahren, wie fossile Funde belegen. Damals waren sie allerdings noch stachellos, die bewehrte Form entwickelte sich erst im Lauf der Evolution.
Dieser Wehrhaftigkeit verdanken wir es aber wohl, dass wir die Rosenpracht bis heute genießen und bestaunen können – unter anderem auf einem Fresko aus dem Jahr 2000 v. Chr. im Palast von Knossos auf Kreta, der ältesten bekannten Rosendarstellung.
Bereits in der Antike galt die Blume als Sinnbild für Schönheit, Weiblichkeit und Liebe. Ihre Blüten werden seit jeher zu duftenden Pflegeölen, zu Heilmitteln und Blumenschmuck verarbeitet. Im alten Rom feierte man sogar rauschende Rosenfeste.
Die Essigrose und die Damaszenerrose, die frühen Vorfahren unserer heutigen Gartenrosen, kamen jedoch aus dem Vorderen Orient und Zentralasien zu uns.
Besondere Verdienste um die Rosenzucht erwarb sich „Rosenkaiserin“ Joséphine,
die Gemahlin Napoleons und Kaiserin von Frankreich. Sie hatte es sich zum Ziel gesetzt, möglichst alle bekannten Rosensorten in ihrem Garten zu kultivieren, den sie 1804 im Schloss Malmaison nahe Paris anlegen ließ. Damit löste sie eine regelrechte Rosenhysterie aus, und als sie starb, enthielt ihr weltliches Paradies rund 250 Rosensorten.
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Blüten- und Hagebuttenschmuck
Kletternde Exemplare waren damals noch nicht darunter. Die soll, einer Mär zufolge, der Teufel geschaffen haben, um auf Stacheln himmelwärts steigen zu können. Wahrscheinlicher ist, dass Kletterrosen erst durch Züchtungen im späten 19. Jahrhundert entstanden sind – und zwar durch Einkreuzen der heimischen, kriechenden Feldrose (Rosa arvensis) mit asiatischen Arten.
Climber und Rambler-Rosen blühen in der Regel zwar nur einmal im Jahr, dafür besonders üppig. Wer mehrere Sorten im Garten hat, kann durch geschickte Wahl eine Blütezeit von Anfang Juni bis August erreichen und wird im Herbst nochmals belohnt, wenn der Hagebuttenschmuck in der Sonne leuchtet. Darüber freuen sich natürlich auch die vielen Vögel, die im Rosengeäst Schutz und Nahrung finden.
Wo Kletterrosen gerne rauf wachsen
Man muss aber keinen großzügigen Schlosspark besitzen, um Kletterrosen zu ziehen. Mittlerweile gibt es Sorten, die nicht höher als drei Meter werden, wie etwa die Joanne de Féligonde (rosa, im Aufblühen apricot, dann gelb), die Kirschrose (rosa), Guirlande d’Amour (weiß) oder New Dawn (zartrosa). Alle diese Sorten blühen sogar mehrmals.
Für massive Lauben, Pergolen und kleine Bäume bieten sich Taunusblümchen (violett rosa, duftend), Veilchenblau (purpurviolett), Seagull (weiß, duftend) oder Goldfinch (hellgelb) an.
Große, kräftige Bäume verlangen nach starken Rosen, die zehn Meter Wuchshöhe schaffen, wie Bobbie James (weiß, duftend), Rambling Rector (weiß, duftend), Paul’s Himalayan Musk (violettrosa, duftend), American Pillar (karminrotweiß) oder Kiftsgate (weiß, duftend).
Grundsätzlich sind Kletterrosen eine stachelige Angelegenheit. Man pflanzt sie deshalb besser nicht zu nah an Wegen und Bänken, mit Ausnahme einiger stachelloser Sorten wie Lykkefund (weiß) oder Madame Sancy de Parabère (rosa).
Rosen schau’n
Kataloge und Bücher versprechen oft Blütenträume, die später im eigenen Garten nicht erfüllt werden können, weil z. B. der Standort nicht passt. Daher sollte man Rosenstöcke vorzugsweise in einer Baumschule oder Gärtnerei der Region kaufen, damit die Pflanze später ähnliche Bedingungen vorfindet.
Die Lieblingssorte wird am besten in einem Rosenschaugarten bestimmt. Beim Besuch zur Hauptblüte können formen, Farben und Duft verglichen werden, ein zweiter Besuch im Herbst zeigt, welche Sorten nach der langen Saison noch gesund und kräftig sind.
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