Anzeige

Brauchtum

i-Dipferl-Reiter & Co: Was unsere Schimpfwörter bedeuten

Von liebevoll bis derb: eine kleine Auswahl fortgeschrittener Schimpfkultur aus dem bayerisch-österreichischen Sprachraum.

Schimpfwörter, i-Tüpferlreiter, Illustration
Foto: Irmela Schautz
Was versteht man unter einem i-Tüpferlreiter? Hätten Sie es gewusst?

1. i-Dipferl-Reiter

Regional auch Dipferlscheißer, der wiederum nah am Zwirnscheißer (= Umstandsmeier) gebaut ist. Jedenfalls ein nicht besonders charmanter Ausdruck für einen übertrieben kleinlichen Menschen, der auf jedem Dipferl, also jedem Punkt, herumreitet. Verleitet führende Malediktologen (= Schimpfwörterforscher) zur Vermutung, dass mangels natürlich vorkommender Pedanterie im Donau-Einzugsgebiet jeder i-Dipferl-Reiter nur ein aus dem deutschsprachigen Norden eingewanderter Korinthenkacker sein kann.

Anzeige

2. Teschek

Gilt als Depp vom Dienst. Enthält auch eine Portion Respekt und Mitleid für die dauernde Knechtschaft und Buckelei. Ist nämlich genau genommen eine echt arme Sau, weil der Teschek (auch: Deschek) als Hinterherräumer das macht, was etwa Gschaftlhuaba, Klugscheißer und das Gscheidhaferl aushecken, mangels Arbeitseifer jedoch nur selten selbst umsetzen. Hat seinen Ursprung im ungarischen Wort tessék, was so viel wie „bitte“ bedeutet, also Bitte-schön-Sager.

Servus Mondpost
Illustration, Schimpfwörter, Teschek
Foto: Irmela Schautz
Teschek

3. Gschaftlhuaba

Weit verbreiteter und in allen Bevölkerungsgruppen anzutreffender Menschenschlag mit übertriebenem Geltungsdrang und erstaunlicher Betriebsamkeit, die jedoch in einen die Umwelt überfordernden Aktionismus überlappt. Stellt seine Tatkraft und Geschäftstüchtigkeit zudem durch ständiges Maulheldentum zur Schau. Unter Männern womöglich deutlich häufiger vertreten als unter Frauen. Ist eng verwandt mit dem bayerischen Gscheidhaferl und dem Klugscheißer.

Schimpfwörter, Illustration, Gschaftlhuaba
Foto: Teschek
Gschaftlhuaba

4. Watschngsicht

Häufig aus der Gruppe der Gschaftlhuaba oder auch Schnorrawaggli stammender männlicher Zeitgenosse, dessen Anblick jeden und jede an den Rand der Selbstbeherrschung drängt. Dies ist nicht ausschließlich mit dem Antlitz des W.s per se zu begründen, sondern mehr mit dessen persönlichem Auftreten. Kann in Altbayern dazu führen, dass der dort endemische Watschnbaam umfällt, worauf das Watschngsicht eine ordentliche Boggfotzn kassiert – wobei der Bogg/Bock hier wie der Fetzen (Fetzenrausch, fetzendeppert) quasi als Steigerungsform zu verstehen ist.

Illustration, Schimpfwörter, Watschngesicht
Foto: Irmela Schautz
Watschngesicht

5. Wappler und Breznsoiza

Eher sanfte, fast schon liebevolle Bezeichnung für einen weitgehend talentfreien Zeitgenossen, häufig mit Wiener Wohnsitz. Schaffte es in den Titel des Standardwerks für gutes Österreichisch („Der kleine Wappler“). Nach wie vor gibt es dafür keine weibliche Form, die Wapplerei darf als eine der letzten, wenn auch wenig rühmlichen Männerbastionen gelten. Hat Seelenverwandte im bayerischen Breznsoiza (= Brezensalzer) oder im Haumdaucha (= Haubentaucher).

Wappler, Breznsoiza, Schimpfwörter, Illustration
Foto: Irmela Schautz
Wappler und Breznsoiza

6. Voiwasn

Weder mit dem durch außerordentliche Dummheit gekennzeichneten Volldepp oder Vollpfosten noch mit dem armen Vollhorst in engerer Beziehung stehend, wobei die Vase (= Wasn) ebenso wie der Pfosten hier eine etymologisch nur schwer erklärbare Personifizierung erfährt. Erzeugt im Grunde ähnliches Mitleid wie der Teschek, weil die Wasn bis zum Rand gefüllt, also voi (= voll), im Salzburgerischen auf Menschen verweist, denen das Wasser, wenn nicht sogar noch Unangenehmeres bis zum Halse steht. Könnte aufgrund ihrer taillierten Form ursprünglich eher eine auf Frauen gemünzte Beschreibung gewesen sein, die sich im Lauf der Gleichberechtigung nun auch auf Männer gut anwenden lässt.

Voiwasn, Schimpfwörter, Illustration
Foto: Irmela Schautz
Voiwasn

7. Bissgurn

Mit einer ausgeprägten Streitlust ausgestattete Person. Wird gern mit einem „k“ zu einer „Bissgurkn“ erweitert. Hat seine etymologischen Wurzeln in der „Gurre“, wie angejahrte Pferdestuten im Mittelhochdeutschen hießen. Gemeint sind damit also die Stutenbissigkeit und das furchterregende Mundwerkzeug der Bissgurn. Tritt je nach Region auch als Beißzange, Giftnudl und Zwiderwurzn auf.

Bissgurn, Illustration, Schimpfwörter
Foto: Irmela Schautz
Bissgurn

8. Doagaff und Loamlackl

Für den Loamlackl ist dieser Eintrag besonders kurz und einfach gehalten. Denn für Schachtelsätze ist der Lackl (Kerl) im Kopf zu träge (= loam). Kann sich auf der Suche nach Gleichgesinnten an den bayerischen Doagaff (= Teigaffe) wenden.

Schimpfwörter, Illustration, Doagaff, Loamlackl
Foto: Irmela Schautz
Doagaff und Loamlackl

9. Schnorrawaggli

Im alemannischen Sprachraum Österreichs (vulgo: Vorarlberg) ein grantelnder Dauerschwätzer. Ist so gut wie niemals auch ein Stroßalächler (Straßenlächler = falscher Mensch), nur selten ein Füdlaschlüfer (Arschkriecher), gelegentlich jedoch ein Schoofsäckel (das Fortpflanzungsorgan eines domestizierten Mufflons = Unsympath), woran wiederum der Sugloggalüter (Sauglockenläuter), also einer, der derb daherredet und ein guter Freund des Schnorrawaggli ist, womöglich ebenso viel Freude hat wie an den drei vorangegangenen Begriffen.

Schimpfwörter, Illustration, Schnorrawaggli
Foto: Irmela Schautz
Schnorrawaggli
Anzeige